Wednesday, 09 March 2016 11:44

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  • Comment Link Jonas Saturday, 27 September 2025 17:32 posted by Jonas

    Der letzte Detektiv
    Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
    Heute: Safari

    Jonas: Der Löwe war kein echter Löwe. Natürlich nicht. Seit Jahren gab es keine Löwen mehr auf der Erde. Und in einer Raumstation schon gar nicht. Aber echt oder nicht, der Löwe war da. Und er sah gefährlich aus. So gefährlich, daß Jonas vorsichtshalber erst mal rannte und sich einen hohen Baum suchte. Kokospalme oder Bandiang, was weiß ich. Auf Bäumen haben Löwen nichts zu suchen. Das wußte ich. Und das wußte auch der Löwe, zu meinem Glück. Ich wartete, bis mein Puls wieder unter Schallgeschwindigkeit war, und dann versuchte ich Sam über Funk zu erreichen.

    Jonas: Sam! Sammy! Wo steckt der verrückte Blechkanister? Sam!

    Sam: Hat mein Herr und Meister gerufen?

    Jonas: Gerufen? Gebrüllt habe ich. Hör zu, du Spottgeburt von Chips und Eisen.

    Sam: Om mani padme hum. Om mani padme hum. Om mani padme hum.

    Jonas: Was?

    Sam: Om mani. O fleischgewordener Buddha. Das heißt.

    Jonas: Ist mir völlig wurscht, was das heißt. Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich auf der Notfrequenz bereithalten, rund um die Uhr.

    Sam: So ist es, o Ozean aller Weisheiten. Doch hat nicht auch ein Computer gewisse, sagen wir es frei heraus, gewisse seelische Bedürfnisse. Ein wenig Meditation.

    Jonas: Meditation?

    Sam: Yoga, o du Kleinod im Lotus. Tantra. Fernöstliche Mystik.

    Jonas: Sam, wenn du nicht auf der Erde wärst, gut 4000 km weit weg, würde ich dir einen Tritt verpassen, daß deine Modulen jodeln.

    Sam: Wie spricht Buddha? Innere Ruhe, Frieden, Abgeklärtheit. Dies alles ist weit wertvoller denn das kostbarste Juwel. Und ferner sagt er...

    Jonas: Schluß damit, Sam. Paß mal auf: Hier sind die Algen am kochen.

    Sam: OK, Chef. Werden wir abgehört?

    Jonas: Nehm ich an.

    Sam: Also Frequenzwechsel. Plan 17.

    Jonas: Alles klar. – Sam? Bist du noch da, Sam?

    Sam: Dieses, o Freude meiner Schaltkreise, ist die große Frage. Denn ist nicht, was hier ist, auch da, und was da ist, hier?

    Jonas: Soll sein, Sammy, aber die Riesenschlage ist leider hier und nicht da.

    Sam: Welche Riesenschlange, o Licht des Karma?

    Jonas: Die hier angeringelt kommt. Python. Boa constrictor. In dieser Preisklasse.

    Sam: Es gibt keine boa constrictor mehr, o Meister magischer Mysterien. Und auch keine Python.

    Jonas: Weiß ich selber, du kannst gern raufkommen und dir das Vieh ankucken. Ich muß los, Sam. Bleib dran.

    Sam: Alle Erscheinungen des Lebens lassen sich vergleichen mit einem Traum, einem Gebilde der Fantasie, einer Phase, einem Schatten...

    Jonas: Amen. Schön wär’s. Aber die Löwen und Schlangen ließen sich beim besten Willen nicht wegmeditieren. Und alle diese interessanten Bestien hatten nur ein Ziel: Sie wollten Jonas. Und wenn sie ihn hatten, dann wollten sie ihn bestimmt nicht bloß streicheln. Da hatte ich mich wieder mal voll reingesetzt. Genauer gesagt, ich war reingesetzt worden. Als das Telefon klingelte, gestern, am 5. Juni 2009, kurz nach Mitternacht, schlief ich noch sorglos den Schlaf des Gerechten. Hätte ich geahnt, was auf mich zukam, wäre ich unters Bett gekrochen. Oder ausgewandert.

    Jonas: Huah-Ah! Crembell goodwell. Ja?

    Jonas: Das Telefon klingelte. Laut und unfreundlich. Ich griff mir den Hörer und meldete mich. Das Telefon klingelte immer noch. Ich machte die Augen auf. Was ich mir mit der Hand ans Ohr hielt, war mein Wecker.

    Jonas: Shit. Jonas. Was ist los?

    Quartz: Jonas? Nur Jonas.

    Jonas: Jonas, nur Jonas. Und Jonas, nur Jonas, hat gerade geschlafen. Es ist jetzt, Sammy.

    Sam: Mit dem letzten Ton ist es genau 0 Uhr, 13 Minuten und 5 Sekunden. Piep.

    Jonas: Sie hören es. Rufen Sie am Morgen wieder an, wer immer Sie sind.

    Quartz: Ich bin Oleander Quartz.

    Jonas: Morgen, Herr Quartz.

    Quartz: Sie kennen mich nicht.

    Jonas: Ich bin viel zu müde, um Sie zu kennen. Morgen.

    Quartz: Ich habe einen Auftrag für Sie.

    Jonas: Und wenn Sie mich mit Gold überziehen und mir den Koh-i-Noor in den Nabel setzen wollen. Morgen.

    Quartz: Die Koh-i-Noor. Das wäre ein wenig zu viel des Guten. Aber eine nicht unerhebliche Summe hatte ich Ihnen in der Tat zugedacht.

    Jonas: Also gut, ich bin sowieso schon fast wach. In ein paar Minuten rufe ich zurück.

    Quartz: Nein, ich rufe Sie wieder an. In genau einer viertel Stunde.

    Jonas: Quartz, Sammy, Oleander Quartz.

    Sam: Was ist ein Name, ehrwürdiger Guru.

    Jonas: Sam ist mein Computer. Er kann viel, fast alles. Sprechen auch, leider. Sam ist ein Versuchsmodell. Der intellektuelle Computer für den Intellektuellen. Ich habe ihn trotzdem gekauft. Seinerzeit 2005. Weil er billig war. McCoy-Computers haben ihn damals verramscht. Der gute Sam war kein Erfolg. Er geht den Leuten auf die Nerven, außerdem ist er nicht normal. Seine Sprachprogramme haben sich verdreht und durcheinander geschoben. Ich komm im Allgemeinen klar mit ihm, aber manchmal tut’s mir doch leid, daß ich ihn am Hals habe, bzw. in meinem Büro oder als drahtlose Extension in der Hosentasche. Vor allem, wenn er auf irgendeinem esoterischen Trip ist. Wie jetzt.

    Sam: O Bhagwan, was ist ein Name.

    Jonas: Ich sage nur Schrottmühle, Sammy. Laß den Quatsch und sag mir, wer Oleander Quartz ist.

    Sam: Hören ist gehorchen, großmächtiger Sultan. Piep. Oleander Quartz, geboren 24. 4. 1900.

    Jonas: 109 Jahre alt, Respekt.

    Sam: Oleander Quartz ist Begründer und erster Direktor von Orbis International, Raumstationen und Satelliten en gros.

    Jonas: Der Kringelkönig. War mich doch gleich so, als ob ich den Namen kenne.

    Sam: Oleander Quartz ist mehrfacher Milliardär, er lebt äußerst zurückgezogen an unbekanntem Wohnsitz. Sein Vorbild ist der historische Industrielle Howard Hughes, Mitte des vorigen Jahrhunderts.

    Jonas: Kenn ich, Sam.

    Sam: Falls Exzellenz weitere Daten wünschen. Oleander Quartz ist zumindest nominell Mitglied im Club der Milliardäre und im interkontinentalen Jagdclub Halali, ferner.

    Jonas: Nicht nötig, Sammy. – Jonas.

    Quartz: Oleander Quartz. Ich spreche ungern mit unsichtbaren Partnern. Gehen Sie auf Bildfon.

    Jonas: Ich drückte den Knopf, der den Bildfonkanal freigibt. Was Quartz jetzt sah, wußte ich. Einen unausgeschlafenen Mann in den 40ern. Kräftig und altmodisch. Ich mach mir nämlich nichts aus Körpermalerei. Um den Mann herum ein Büroapartment, Kategorie mittel-unten, 22 Quadratmeter. Nicht aufgeräumt natürlich. Auf meinem Bildschirm war nur ein Gesicht. Uralt, mehrfach geliftet und trotzdem faltig, die dünnen weißen Haare waren echt, auch wenn sie ihrem Besitzer auf höchst merkwürdige Weise zu Berge standen. Die grauen Augen wirkten weder echt noch alt. Offensichtlich Neuerwerbungen, gerade erst transplantiert.

    Quartz: Sehen Sie mich?

    Jonas: Ich sehe Sie, Herr Quartz, Sie sehen mich. Was soll ich für Sie tun?

    Quartz: Nicht so schnell, junger Mann. Zuerst ein paar Fragen. Sie haben als Söldneroffizier am antarktischen Krieg teilgenommen?

    Jonas: Auf der Verliererseite.

    Quartz: Das interessiert mich nicht. Sie sind also militärisch ausgebildet?

    Jonas: Ja, aber.

    Quartz: Wo?

    Jonas: Wollen wir nicht zur Sache kommen?

    Quartz: Ich bin bei der Sache. Wo sind Sie ausgebildet worden?

    Jonas: Wenn’s denn sein muß. Grundkurs hier in Babylon, und dann zwei Lehrgänge an der Universität von Managua, Kommandotechnik und Taktik der Guerilla. Sonst noch was?

    Quartz: Demnach kann man Sie als Experten in allen martialischen Künsten bezeichnen.

    Jonas: Wenn Sie es so ausdrücken wollen.

    Quartz: Und Sie sind Detektiv. Der letzte Detektiv. So nennen Sie sich. Warum?

    Jonas: Warum was?

    Quartz: Warum der letzte?

    Jonas: Weil`s stimmt. Natürlich gibt’s noch ein paar Leute, die sich Detektiv schimpfen, aber die sind bloß Wächter, Leibwächter, Nachtwächter, Heinzelmännchens Wachtparade. Nichts für Jonas. Ich bin der letzte wirkliche Detektiv. Wenigstens in den Vereinigten Staaten von Europa. Ganz bestimmt in Babylon.

    Quartz: Was für ein Stilbruch. Jonas, vielleicht wissen Sie es, Jonas gehört nicht nach Babylon. Jonas gehört nach Ninive.

    Jonas: Ha-ha. Hören Sie zu, Herr Quartz, nichts gegen einen kleinen Plausch um Mitternacht, aber vielleicht sagen Sie mir jetzt doch, was Sie von mir wollen.

    Quartz: Meine Sekretärin, meine Privatsekretärin, Linda Lorant.

    Jonas: Ich höre.

    Quartz: Sie ist seit zwei Tagen verschwunden.

    Jonas: Ach was.

    Quartz: Sie hat sich nicht bei mir gemeldet, und in ihrem Apartment ist sie auch nicht.

    Jonas: Die klassische Frage, Herr Quartz, warum gehen Sie nicht zur Polizei?

    Quartz: Die klassische Antwort: Es handelt sich um einen besonderen Fall.

    Jonas: Was Sie nicht sagen.

    Quartz: Mit Linda sind Daten verschwunden. Daten, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Vertrauliches Material für meine Memoiren.

    Jonas: Erpressung?

    Quartz: Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Auf jeden Fall will ich die Daten zurück haben. Sie, Jonas, werden sie suchen und finden, natürlich.

    Jonas: Im Prinzip ja, Herr Quartz. Aber vorläufig sind Sie für mich nur ein Gesicht auf dem Bildfon.

    Quartz: Rufen Sie Ihr Konto ab. Nummer 27 27 41 B, Bank von Babylon.

    Jonas: Sie sind gut informiert, Herr Quartz. Sam?

    Sam: Der Kontostand euer Hoheit beträgt zur Zeit genau 1240 Euros und 13 Cents.

    Quartz: Vor einer halben Stunde hatten Sie nur 240 Euros, 13 Cents. Die 1000 sind von mir. Vorschuß.

    Jonas: Ich kriege 80 Euros pro Tag, und Spesen.

    Quartz: Ich zahle das Doppelte. Dafür erwarte ich, daß Sie unauffällig vorgehen. Und Ihr Bestes geben, versteht sich. Die Informationen, die sich brauchen, Bild, Bürgernummer, Wohnung etc, lasse ich Ihrem Computer einspielen. Ihren ersten Bericht erstatten Sie heute Abend.

    Jonas: Wie kann ich Sie erreichen?

    Quartz: Ich rufe Sie an.

    Jonas: 1000 Euros. Nicht schlecht. Ein warmer Regen auf den heißen Stein. Aber wieso man zum Sekretärinnen-Suchen martialische Künste brauchte, war mir nicht so recht klar. Egal. Am nächsten Morgen rief ich Judith an. Judith ist meine z.B., meine zeitweilige Beziehung. Vielleicht wird mal eine D.P. daraus, eine Dauerpartnerschaft. Sie sehen, Jonas ist zurückgeblieben. Der älteste Hut: Eine Frau und ein Mann. Kein Dreieck, keine Gruppe oder so was. Judith ist nicht nur meine z.B., sie hat auch eine höhere Position im Ministerium für Statistik und Soziographie. Insofern kann ich ganz zwanglos das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.

    Jonas: Ich seh dir in die Augen, Kleines.

    Judith: Diese verrückte Welt. Was wird noch alles passieren. Sehen wir uns heute Abend?

    Jonas: Ich plane nie soweit voraus.

    Jonas: Wir sind beide Nostalgiker. Unsere Zeit ist die Mitte des 20. Jahrhunderts. Eine wilde, eine aufregende Zeit. Die Zeit von Philip Marlowe und Humphrey Bogart, und von Ingrid Bergman, nicht zu vergessen. Bißchen Casablanca-Turtel muß sein. Aber dann kam ich zur Sache, und sagte Judith, was ich von ihr wollte. Ein Persönlichkeitsprofil von Linda Lorant.

    Judith: Wer ist das?

    Jonas: Ein Fall. Ich brauch die Daten für einen Fall.

    Judith: Natürlich. Nur für einen Fall?

    Jonas: Ach, das, das würde ich nicht sagen.

    Judith: Jonas.

    Jonas: Doppeltes Honorar, 1000 Euros Vorschuß, da freut sich auch Privatmensch Jonas. Judith, ich glaube, du bist eifersüchtig.

    Judith: Unsinn.

    Sam: Eifersucht. Antiquierter Begriff für einen antiquierten Gemütszustand. Ungebräuchlich seit der Jahrtausendwende.

    Judith: Du hältst dich raus, Sam.

    Sam: Obzwar ein Computer per definitionem lediglich gehalten und verpflichtet ist, den Anordnungen seines rechtmäßigen Herrn und Meisters zu folgen, siehe Gebrauchsanleitung, Seite 6 folgende, will Sam als Kavalier sich der Bitte der hohen Frau nicht verschließen und...

    Jonas: Sammy, halt die Klappe.

    Sam: Befehl, Klappe halten.

    Judith: Falls du jetzt ein bißchen Zeit für mich hast, Jonas, hier sind die Daten: Linda Lorant, Bürgernummer...

    Jonas: Ist bekannt. Wohnung auch.

    Judith: 40 Jahre alt, Sekretärin, völlig alleinstehend, keine Beziehung, keine Partnerschaft. Magister Artium Kommunikationstechnik, ehemals europäische Hochschulmeisterin im Siebenkampf, schwarzer Gürtel Karate, keinerlei Interesse an Holovision und sonstigen kulturellen Aktivitäten. Hobby: Einzelwandern in Island, Zentralaustralien, Wüste Gobi. Reicht das?

    Jonas: Danke Judith. Sehen wir uns?

    Judith: Wenn dein Fall dir Zeit läßt, und dein geliebter Blech-Professor nichts dagegen hat. Ruf mich an.

    Sam: Wie ich anzumerken bereits Gelegenheit hatte, ist Eifersucht.

    Jonas: Eine Sache, die dich nicht das Geringste angehrt. Kümmere dich um unseren Fall. Reden ist Silber, denken ist Gold. Na, was ist, Sammy?

    Sam: Ich denke, o unauslotbare Erhabenheit, wie es mein Herr mir befahl.

    Jonas: Sehr schön, Sam. Und was denkst du?

    Sam: Ich denke, o du mein ein und alles, eine tüchtige Person, diese Linda Lorant. Sportlich.

    Jonas: Was du nicht sagst. Da wäre ich ohne dich nie draufgekommen.

    Sam: Man könnte auch sagen: martialisch.

    Jonas: Aha. Und? Was schließt du daraus?

    Sam: Aufgrund unzureichender Daten sieht Sam sich zu Folgerungen vorerst nicht in der Lage.

    Jonas: Also Schluß mit der Spekulation. Beinarbeit ist angezeigt. Sehen wir uns das Apartment der Dame mal von innen an.

    Sam: Ein Vorschlag, o Retter der Witwen und Waisen, welcher Sams volle Zustimmung findet.

    Jonas: Quartz zahlte. Deshalb konnte ich es mir leisten, fremde Beine für mich arbeiten zu lassen. Ein Rikscha-Kuli strampelte sich ab, und nach einer guten halben Stunde war ich da, im Westen. Nicht weit vom Markgrafenboulevard. Hier roch es nach Geld. Nicht nach abgegriffenen 10-Euroscheinen, sondern nach den allerbesten Aktien. Und nach Schecks mit vielen Nullen. Linda Lorant wohnte im Turm zu Babel. 40 Stockwerke, 4000 Apartments. Und der Turm war gut bewacht. Ein grimmiger Drache gleich neben der Tür in der Eingangshalle, ein zweiter weiter hinten, vor einer Konsole von Monitoren. Auf den ersten Blick war da nur mit Gewalt was zu machen. An sich kein Problem für Jonas, wenn sich Quartz nicht jedes Aufsehen verbeten hätte. Und der Auftraggeber hat grundsätzlich immer recht. Also erst mal in eine nahe Bar, um mit Sam Rat zu pflegen. Mit Sam zwo natürlich, der drahtlosen Extension in Taschenausführung.

    Automatenstimme: Ihr Synth-Brandy, mein Herr oder meine Dame. Der Rechnungsbetrag wird von Ihrem Konto abgebucht. Vielen Dank.

    Jonas: Wuäh.

    Sam: Voll im Aroma, herrlich im Geschmack, Synth-Brandy, edler als Cognac.

    Jonas: Du glaubst auch alles, Sammy, zur Sache, wie kommen wir in Linda Lorants Apartment?

    Sam: Das, hochzuverehrender älterer Bruder, ist eine schwierige Frage.

    Jonas: Denk dir was aus. Wer von uns beiden ist denn der Computer?

    Sam: Könnten Hoheit nicht eines Apartments bedürftig sein?

    Jonas: Wieso? Ach so. Gar nicht schlecht, Sammy, gar nicht schlecht. Wem gehört der Turm zu Babel?

    Sam: Der TuBa. Turmbau-zu-Babel GmbH.

    Jonas: Sieh dir die Angebotstafel durch. Wir brauchen ein leer stehendes Apartment im, äh, wo wohnt die Dame Lorant?

    Sam: Ich achten Stockwerk, o Sonne meiner Seele. Apartment 813.

    Jonas: Also möglichst im 8. Stock. Oder in der Nähe.

    Sam: 713 ist zu haben, Chef.

    Jonas: Direkt darunter. Besser geht’s doch nicht. Telefon!

    Automatenstimme: Bitte sehr, mein Herr oder meine Dame. Wünschen Sie auch Bildfon?

    Jonas: Nicht nötig.

    Automatenstimme: Schieben Sie die rechte Hälfte ihrer Kontokarte in den Schlitz vorn am Gerät. Der Betrag wird abgebucht. Danke sehr.

    Jonas: Über Telefon verkündete ich dem Oberwächter im Turm, ich sei die TuBa und würde in Kürze einen Interessenten für Apartment 713 rüberschicken. Einen gewissen Herrn Jonas.

    Jonas: So, damit sind wir erst mal drin.

    Sam: Und dann, wenn Hoheit die Frage gestatten?

    Jonas: Wird sich ergeben, Sammy. Ein schlauer Mensch hat mal gesagt, man soll den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun.

    Sam: Es steht aber auch geschrieben, Sahib, der kluge Mann baut vor.

    Jonas: Frisch gewagt ist halb gewonnen.

    Sam: Erst wägen, dann wagen.

    Jonas: Er muß eben immer das letzte Wort haben, der gute Sam. Im Turm lief alles wie am Schnürchen. Der mietlustige Herr Jonas wurde von einem der Drachen in den 7. Stock gefahren, und sah sich das freie Apartment an.

    Jonas: Ja, recht hübsch.

    1. Wächter: 40 Quadratmeter. Berechtigungsschein für diese Wohnraumklasse haben Sie doch, oder?

    Jonas: Mein bester, was für `ne Frage. Selbstverständlich besitze ich den Wohnberechtigungsschein. Tja, recht hübsch, wie gesagt. Äh, lassen Sie mich ein paar Minuten allein, ja? Ich, ich muß die Atmosphäre auf mich wirken lassen. Aura. Vibration. Wenn Sie verstehen, was ich meine.

    1. Wächter: Das ist eigentlich nicht gestattet.

    Jonas: Und uneigentlich? 10 Euros?

    1. Wächter: Alles klar. Und melden Sie sich über Hausfon, wenn Sie fertig sind, ja?

    Jonas: Ich gab ihm drei Minuten, und machte mich dann auf in den Keller. Über die Treppe. Todsicher. Im Turm zu Babel sind Treppen nur Kunst am Bau. Im Keller stand, wie ich erwartet hatte, das Herzstück der elektronischen Überwachungsanlage. Ein massiver Steuercomputer.

    Sam: Hä hä hä hä. Uraltes Modell. Mit so was spricht unser einer überhaupt nicht.

    Jonas: Wird dir gar nichts anderes übrig bleiben, Sammy. Wie willst du den alten Kasten außer Gefecht setzen, ohne Interface. Und außer Gefecht setzen müssen wir ihn.

    Sam: Ohne jeden Zweifel, Herr Kapellmeister. Ein schwieriges Unterfangen. Was die Sicherung der Fenster betrifft, muß ich mich als gänzlich machtlos bekennen.

    Jonas: Machtlos? Wie das, o du mein elektronischer Alleskönner?

    Sam: Es handelt sich, o du vor allen Computern preiswürdiger Menschenverstand, um ein elektrisch-mechanisches System. Eine echte Antiquität aus dem mittleren 20. Jahrhundert.

    Jonas: Und da kannst du gar nichts machen, Sam?

    Sam: Kein Stück, Boss. Andererseits die TV-Kameras an den Eingangstüren der bewohnten Apartments ließen sich mit Leichtigkeit ausschalten.

    Jonas: Ah, du willst der Kamera vor Apartment 813 ein Standbild einspielen, nehme ich an.

    Sam: Ausgezeichnet, hochwertiger Chef, aber nicht ganz korrekt. Ich beabsichtige, das nunmehr gezeigte Bild, auf welchem die geschlossene Tür, und nur die geschlossene Tür zu sehen ist, für eine gewisse Zeit festzuhalten. Eine halbe Stunde. Wäre dies dem Herrn genehm?

    Jonas: Die Treppen rauf, im Geschwindschritt, ganz schön anstrengend die Detektiverei, Türschloß knacken, Kleinigkeit, umsehen. 813 war ein ganz normales 40-Quadratmeter-Apartment. Ordentlich, aufgeräumt. Ein Zimmer, Bad, Kochkonsole, Echtholzmöbel, Servicetextgerät, Bildfon, Holoset.

    Jonas: Moment mal, Holoset. Da war doch was.

    Sam: Laut Persönlichkeitsprofil, beigesteuert von meines großen Meisters menschlicher Gefährtin, pflegt die Bewohnerin dieses Apartments sich den Wonnen der Holovision nicht hinzugeben.

    Jonas: Wenn ich den Set anstelle, passiert gar nichts. Und das heißt.

    Sam: Der Apparat ist eine Attrappe, o scharfsinnigster aller Detektive.

    Jonas: Du merkst auch alles, Sam. Machen wir das Ding mal auf. Was hat ein kluger Detektiv stets bei sich? Nachschlüssel. Paßt nicht. Brecheisen.

    Sam: Und seinen Computer. Dürfte dieser, eurer illustren Durchlaucht empfehlen, auf den kleinen roten Hebel rechts unten zu drücken. Auf diesen da, ganz recht.

    Jonas: Sieh mal an, ein Tresor. Wertpapiere. Schmuck.

    Sam: Interessant, o allerwertester, jedoch kaum das, was wir suchen.

    Jonas: Und was suchen wir, Sam?

    Sam: Eminenz belieben zu scherzen. Das Herrn Quartz entwendete Material natürlich. Das heißt konkret: Disketten. Kassetten.

    Jonas: Sam, hier ist `ne Kassette. Kommando zurück, ist ne leere Hülle.

    Sam: Welche aller Wahrscheinlichkeit nach das fragliche Datenmaterial enthalten hat. Linda Lorant hat es mitgenommen, als sie das Apartment verließ.

    Jonas: Letzteres offenbar freiwillig. Kein Anzeichen von Gewaltanwendung. Frage: Wohin ist Linda Lorant gegangen?

    Sam: Wie ihr Persönlichkeitsprofil zeigt, besitzt sie kein Fahrzeug.

    Jonas: Natürlich nicht. Sie ist zwar in der 40-Quadratmeterklasse, aber keine Millionärin.

    Sam: Sofern sie nicht zu Fuß ging, muß sie also ein Transportmittel benutzt haben.

    Jonas: Eine Rikscha, nehm ich an. Und wie bestellt man eine Rikscha?

    Sam: Über Servicetext, o Beherrscher der Gläubigen.

    Jonas: Worauf wartest du, Sammy?

    Sam: Einschaltung in Speicher von hier befindlichem Servicetextgerät ergibt: Besitzerin hat 3. Juni 2009.

    Jonas: Vor zwei Tagen.

    Sam: 7 Uhr 30 Rikscha bestellt, Fahrziel: Orbidrom. Abbuchung 11 Euros.

    Jonas: Aha. Weißt du, was wir jetzt machen, Sammy?

    Sam: Klar, Boß.

    Jonas: Was ist das?

    Sam: Es klingelt an der Tür, o Gesetzgeber des Weltalls.

    Jonas: Weiß ich selbst, ich meine, wer?

    Sam: Ein guter Rat, Meister, zur Tür schleichen, horchen.

    1. Wächter: Niemand da, gnädige Frau.

    Nachbarin: Reden Sie keinen Blech. Ich hab deutlich Geräusche gehört. Und Schritte.

    1. Wächter: Wenn Sie das sagen, gnädige Frau. Aufmachen!

    Jonas: Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ein Wächter, und eine hellhörige Nachbarin. Andererseits, unter höheren, dramaturgischen Gesichtspunkten, war es ja auch mal wieder Zeit für ein bißchen Aktion.

    Jonas: Sammy, wir müssen was tun.

    Sam: Meine Rede, Chef.

    Jonas: Die holen hier nicht die Polizei, Sammy, die nicht. Die nehmen mich selber in die Mangel. Und bei so was kann der Mensch leicht aus dem Fenster fallen, und das im 8. Stock.

    Nachbarin: Schließen Sie auf, Mann, Sie haben doch einen Hauptschlüssel.

    1. Wächter: Ja schon, aber ich weiß nicht.

    Sam: Wo befinden wir uns, o Leuchter der Wissenschaft?

    Jonas: Du stellst Fragen, Turm zu Babel, Apartment 813 natürlich.

    Sam: Falsch. Wir befinden uns im Apartment 713. Offiziell. Ein kurzer Rutsch.

    Jonas: Rutsch?

    Sam: Durch den Müllschlucker. Und Hochwürden halten sich dort auf, wo sie sich befinden. Gebe allerdings untertänigst zu bedenken, daß eine gewisse Beschleunigung, mach hin, Mensch, da, neben der Kochkonsole, Klappe auf.

    Jonas: Ein Glück, daß ich nicht Derowolt bin.

    Sam: Schi heil.

    Jonas: Leicht verschmutzt und ungewöhnlich duftend krabbelte ich ein Stock tiefer aus der Röhre. Keine Sekunde zu früh. Der Drache, der das Apartment oben leer vorgefunden hatte, tauchte plötzlich in 713 auf, und wich mir bis ins Foyer nicht mehr von der Seite. O Mißtrauen, wie sehr vergiftest du Frohsinn und Geselligkeit. Goethe. Oder vielleicht doch nur der Parkwächter unter der Hauptwache?

    Jonas: Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald ich mich entschieden habe.

    1. Wächter: Tun Sie das.

    2. Wächter: Was war denn los in 813?

    1. Wächter: Ach nix. Die Alte spinnt.

    2. Wächter: So was kommt vor. Sag mal, du warst doch drin?

    1. Wächter: In 813? Klar.

    2. Wächter: Wirklich?

    1. Wächter: Ja doch.

    2. Wächter: Komisch. Du warst nicht auf dem Monitor.

    1. Wächter: Ich war nicht auf dem Monitor? Was war denn auf dem Monitor?

    2. Wächter: Nichts. Die Tür zu 813, und die Tür war zu die ganze Zeit.

    1. Wächter: Da muß einer an der Elektronik rumgefummelt haben.

    2. Wächter: War jemand im Haus? Sie da! Hallo!

    Jonas: Jetzt wurde es ungemütlich. Ich legte einen Zahn zu, machte einen großen Schritt durch die Tür auf die Straße. Und da hatte ich es noch eiliger.

    2. Wächter: Halt! Bleiben Sie stehen!

    Jonas: In der martialischen Kunst des geordneten taktischen Rückzugs ist Jonas kaum zu schlagen. Ein paar geschickte Ausweichmanöver um zwei oder drei Ecken, und ich war in Sicherheit. Nächste Station: natürlich das Orbidrom. Der Raketenport von Babylon. Außerhalb der Stadt. Über einen öffentlichen Terminal ließ ich mir von Sam eins Linda Lorants Bild überspielen. Und damit hätte ich, nach dem kleinen Handbuch für Privatdetektive, alle Schalter abklappern sollen. Aber ich hatte so eine Idee, und ging gleich zur Abfertigung von OI, von Orbis International.

    Schalterbeamter: O ja, die war hier. Ich erinnere mich.

    Jonas: Gutes Gedächtnis haben Sie.

    Schalterbeamter: Unmöglich angezogen die Frau. Zugeschnürt bis zum Hals. Und alles in Magenta, ich bitte Sie, trägt doch kein Mensch heutzutage.

    Jonas: Und was trug der Mensch heutzutage? Ein Stückchen Leoparden-Fell, Kunststoff natürlich. Große gelbe Kreise auf allen vier Backen, und das blaue Stirnband von Orbis. Der junge Mann am Schalter sah aus wie ein leicht psychedelischer Jonny Weismüller.
    Jonas: Wann war das?

    Schalterbeamter: Vorgestern. Kurz vor 9. Ich war gerade zum Dienst gekommen.

    Jonas: Was hat sie gebucht?

    Schalterbeamter: Sie hat überhaupt nicht gebucht. Sie ist gleich durchgegangen zum privaten Sektor. Die Tür hier. Moment. Haben Sie einen Paß?

    Jonas: Den könnte ich jederzeit kriegen.

    Schalterbeamter: Dann kriegen Sie ihn. Ohne Paß kommen Sie nicht durch.

    Jonas: Ich hätte mir einen Paß besorgen können, über Quartz, aber die Sache war auch anders zu klären. Einfacher und vor allem schneller. Wozu hatte ich Sam? Der schaltete sich kurz in die Flugpläne ein, und was dabei rauskam, war dies: In der fraglichen Zeit war nur eine einzige Rakete vom Privatsektor gestartet. 9 Uhr 18. Flugziel: Torus OI 96. Das war’s. Mehr konnte ich vorläufig nicht tun. Ich fuhr zurück nach Hause. Wenn man ein mickriges Büroapartment von 22 Quadratmeter zuhause nennen kann. Am Abend, wie versprochen, meldete sich Quartz über Bildfon.

    Quartz: Torus OI 96. So. Eine von meinen Raumstationen. Ich meine, eine Station von Orbis International. Früher Vergnügungsbetrieb. Zoo. Rummel.

    Jonas: Und heute?

    Quartz: Stillgelegt. Für die Öffentlichkeit gesperrt. Technisch überholt. Wir benutzen den Torus als Speicher und für ein paar unwichtige Büros.

    Jonas: Was hat Linda Lorant auf ihrer abgelegten Raumstation zu suchen?

    Quartz: Das werden Sie feststellen. Offensichtlich eine Intrige innerhalb der Firma. Jemand will mich ausschalten. Das hat man schon oft versucht, aber nie erreicht. Sie, Jonas, fahren nach oben und sehen für mich nach dem rechten.

    Jonas: Warum nicht. Wenn Sie den gesetzlichen Exterra-Zuschlag drauflegen. 50 %.

    Quartz: Ich sorge dafür, daß man Sie im Orbidrom passieren läßt, und daß eine Kurzstreckenrakete für Sie bereitgehalten wird. Viel Erfolg und Waidmanns Heil.

    Jonas: Waidmanns Dank. Bevor ich wieder zum Orbidrom rausfuhr, tauschte ich Sam zwo noch fix ein gegen ein spezial Exterra-Funkgerät im Kleinformat. Was wäre Jonas auch im Weltraum ohne seinen Freund und Helfer. Wie üblich verabredete ich mit Sam Notsignale und Random-Frequenzwechsel. Merksatz Nummer 1 für Detektive und solche, die es werden wollen: Man kann nie wissen.

    Pilotin: 10,9,8,7,6,5,4,3,2,1, zero.

    Jonas: Eine Spritztour. Torus OI 96 war nur rund 4000 km hoch. Erst zu viel Schwerkraft, dann zu wenig. Kenn ich. War oft genug draußen. Keine schlechte Pilotin, die Quartz bzw. Orbis mir zugeteilt hatte. Unser Landekontakt war so sanft wie Judiths Lächeln. Dann die übliche Warterei. Bis das Vakuum in der Landezone durch Atmosphäre ersetzt war.

    Jonas: Haben Sie vorgestern eine Frau hier her geflogen. 40. Nicht gerade modisch angezogen?

    Pilotin: Ja.

    Jonas: Haben Sie sie auch wieder abgeholt?

    Pilotin: Nein, keine Anweisung.

    Jonas: Anweisung? Von wem?

    Pilotin: Tragen Sie eine Feuerwaffe? Laserstrahler? Ballistische Pistole?

    Jonas: Letzteres. Eine Smith & Wesson Detective Special.

    Pilotin: Abliefern.

    Jonas: Mein Gott, ist doch keine Waffe, eher eine Antiquität. Ein Maskottchen.

    Pilotin: Eiserne Regel. Die Toruswände könnten beschädigt werden. Sie wollen sich doch wohl nicht selbst vakuumisieren. Abliefern. Danke. Sie können aussteigen.

    Jonas: Durch die Landeklappe stieg ich in die Luftschleuse des Torus. Da fühle ich mich, ehrlich gesagt, immer ein bißchen unsicher. Das unendliche Vakuum des Weltalls ist ungeheuer nah, und wer weiß schon, wie gut die Ventile schließen. Deshalb beeilte ich mich, durch die zweite Klappe zu kommen. Ich war in einem großen runden Raum. Unten, in der Nabe des Torus. Sie wissen doch, wie eine Raumstation in Torusform aussieht. Richtig. Wie ein Rad. An einer Rikscha zum Beispiel. Ein Rad mit einem Schlauch außen rundherum. Mit einer Nabe in der Mitte und mit vier Speichen zwischen Nabe und Schlauch. Die ganze Geschichte hatte einen Durchmesser von gut 3 km, und drehte sich zweimal pro Minute um sich selbst. Dadurch herrschte im Schlauch fast die gleiche Schwerkraft wie auf der Erde, und in der Nabe, na? Natürlich Schwerelosigkeit. Soviel zur Verdeutlichung. Zurück zu Jonas. Unten in der Nabe von Torus OI 96. Frisch gelandet und begierig, Sam zu kontakten.

    Sam: Haben eure Großmächtigkeit eine angenehme Reise gehabt? Unbehelligt von der bösen Raumkrankheit? Und wie kommen Ehrwürden mit der Schwerelosigkeit zurecht?

    Jonas: Danke der Nachfrage, Sammy, ganz ausgezeichnet. Hoppla. Himmel All und saurer Regen. Das verflixte Funkgerät hat sich selbständig gemacht. So. Also, Sam, ich such mir jetzt ne Speiche, und geh vor zum Schlauch. Da wird sie stecken, diese Linda Lorant.

    Sam: Wo sonst, o leuchtendes Muster an Tiefsinn.

    Jonas: Du gehst jetzt über auf 1. Notfrequenz, Sam.

    Sam: Mein Meister befürchtet Gefahren?

    Jonas: Durchaus möglich, aber ich werde schon durchkommen. Mit meinen martialischen Künsten.

    Sam: Martialische Künste. Wenn Sam doch nur aufgehen würde, welch geheimnisvolle Rolle sie in vorliegendem Fall spielen.

    Jonas: Wird sich zeigen, Sammy, wird sich zeigen. Auf geht’s.

    Sam: Over and out.

    Jonas: Ich schwebte durch die Torusnabe, nach oben oder unten, ganz wie Sie wollen, bis zur Mitte, und da gingen die vier Speichen ab. Frage: Welche war die richtige. Antwort: Die mit dem Schild zu den Büros. Da schwebte ich rein. Von jetzt an ging’s vertikal weiter. Allmählich nahm die Schwerkraft zu. Ich ließ das Schweben sein, verlegte mich aufs Springen, dann aufs Laufen, kam ans Ende zu einer Tür, machte sie auf, trat durch, machte sie hinter mir zu. Und stand da wie angewurzelt. Klimperte mit den Augen und kniff mich in den Arm. Das waren doch keine Büros.

    Jonas: Ich glaub, ich steh im Wald.

    Jonas: Erster Reflex, zurück zur Tür, aber die war zu, und ging nicht mehr auf. Ob ich wollte oder nicht, ich war und blieb im Wald. Was heißt Wald. Ich stand im Dschungel. Wenigstens mit einem Bein, dem rechten. Links war Steppe. Rechts wucherte ein tropischer Regenwald. Lianen, Palmen und was sonst noch dazu gehört. Erstaunlich, was man in einem Schlauch von nicht mehr als 30 Meter Durchmesser so hinkriegen kann. Durch große Fenster und Sonnenreflektoren. Ein Treibhaus, ein Tropenparadies, mit Jonas als Adam. Von Eva war leider nichts zu sehen, und von der Schlange auch nicht. Noch nicht. Statt dessen meldete sich eine andere wichtige Persönlichkeit.

    Quartz: Willkommen auf Safari, Jonas.

    Jonas: Wer ist das?

    Quartz: Hier spricht Gott.

    Jonas: Kann ich mir nicht vorstellen.

    Quartz: Erkennen Sie meine Stimme?

    Jonas: Ich glaub, mein Computer piept. Quartz.

    Quartz: Gutes Ohr, Jonas. Wenn der Rest auch so präzis funktioniert. Ich bin übrigens tatsächlich Gott. Der Gott dieses Torus, dieser meiner Welt. Ich habe ihr den Namen gegeben, Safari. Schon früher, als sie noch exterristiale Belustigungsstation war. Eine glorifizierte Schießbude für brave Bürger, die Nimrods spielen und wilde Tiere schießen wollten. Ohne Risiko. Sie wußten, die Bestien waren nur Robots. Täuschend ähnliche Repliken, aber ganz und gar ungefährlich. Das ist jetzt anders. Ich habe gewisse Umprogrammierungen vornehmen lassen. Diese Wesen, mein lieber Jonas, sind nun mindestens so gefährlich wie ihre ausgestorbenen Vorbilder. Ich bin gespannt, wie Sie sich gegen sie halten werden.

    Jonas: Ich? Danke bestens, kein Interesse. Deshalb bin ich nicht hier. Haben Sie’s vergessen? Ihre Sekretärin?

    Quartz: Hahahahaha.

    Jonas: Und da, bißchen spät, muß ich zugeben, ging mir ein Licht auf. Ein ganzer Kronleuchter. Und die Schuppen fielen mir wie ein Wasserfall von den Augen.

    Quartz: Ach, Sie sind endlich dahinter gekommen. Der Auftrag war eine Finte. Ich habe Spuren ausgelegt, um Sie, Jonas, nach Safari zu bringen. Und da sind Sie nun.

    Jonas: Nicht zu bestreiten. Linda Lorant gibt es also nicht.

    Quartz: O doch. Nur die Geheimdaten sind nicht existent. Die Lorant habe ich hierher gelockt, wie Sie. Sie hat mir ein paar Stunden guten Sport verschafft. Tüchtige Frau. Sie, Jonas, werden es hoffentlich noch besser machen.

    Jonas: Was haben Sie mit mir vor?

    Quartz: Ich jage, Jonas. Ich habe auf der Erde gejagt, solange es dort noch jagdbares Wild gab. Dann hier, die Robots. Aber das geht nicht mehr. Ich bin immobil. Eine Sammlung von Transplanten. Die Medizin hat Grenzen, selbst für Milliardäre. Heute jage ich indirekt. Ich habe Safari überholt und ausgebaut. Überall Mikrophon, Lautsprecher, Kameras. An meiner Konsole, vor meinen Monitoren, bin ich dabei. Jede Sekunde auf jedem Meter. Wenn meine Robokiller ihre Opfer durch den Dschungel hetzen.

    Jonas: Menschenjagd?

    Quartz: Der Mensch ist das edelste Wild. Das gefährlichste. Beiläufig auch das einzig noch existierende Wild.

    Jonas: Ich mißgönne ja keinem sei Hobby. Aber warum wollen Sie ausgerechnet mich jagen: Haben Sie was gegen mich?

    Quartz: Ja, das auch. Ich hege Groll gegen Sie.

    Jonas: Wie haben noch nie was miteinander zu tun gehabt.

    Quartz: Sagen Sie das nicht. Ich bin Sponsor, bedeutender Sponsor von ZIP, dem Zentralinstitut für Populationsforschung.

    Jonas: Der Testmarktfall vor 3 Monaten.

    Quartz: Ganz recht. Aus überholten moralischen Motiven haben Sie, Jonas, ein hochinteressantes Programm gestoppt. Ein Programm, das gewisse Aussichten hatte, der Überbevölkerung Einhalt zu gebieten. Mein eigentlicher Grund ist jedoch ein anderer. Sie sind ein würdiges Jagdwild, Jonas.

    Jonas: Ich verstehe. Die martialischen Künste.

    Quartz: In der Tat. Sie zu jagen, wird es, da bin ich sicher, ein sportlicher Hoch-Genuß sein. Und eine Ehre. Für mich und für Sie.

    Jonas: Danke. Auf die Ehre würde ich gerne verzichten. Wie soll ich mich gegen ihre Killer wehren? Mit bloßen Händen?

    Quartz: Ich bitte Sie, das wäre nicht waidmännisch. Ihre Ausrüstung finden Sie hinter der Palme rechts von Ihnen. Da, dort.

    Jonas: Pfeile und Bogen, Speere. Ein Messer. Das ist alles?

    Quartz: Reicht es Ihnen nicht?

    Jonas: Nehmen wir einmal an, ich werde mit ihren Robokillern fertig. Was passiert dann?

    Quartz: Dann werde ich höher programmierte Jäger auf Sie ansetzen.

    Jonas: Ich habe also keine Chance.

    Quartz: Genug geredet. Jetzt werde ich sehen, wie sich Jonas, der Detektiv, Jonas, der Jäger, als Gejagter hält. Halali, die Jagd beginnt.

    Jonas: Ein Löwe kam näher. Ich versteckte mich, und rief Sam über Funk. Aber das habe ich ja schon erzählt. Die Riesenschlange, die sich dann unangenehm bemerkbar machte, wollte ich kunstgerecht tranchieren, aber das Messer ging glatt durch. Das Vieh war überhaupt nicht vorhanden.

    Quartz: Ein Hologramm, Jonas. Ein Hologramm, wie auch andere meiner Tiere. Aber nicht alle. Einige sind höchst real. Sie werden es feststellen. Sofern Sie noch dazu kommen, wenn ein Robokiller Sie in den Klauen hat.

    Jonas: Also nahm ich jedes einzelne Biest ernst. Notgedrungen. Es war ein richtiges Gedrängel. Löwen, Tiger, Leoparden, Schlagen, Skorpione, was weiß ich noch alles. Zwischendurch informierte ich Sam über die Lage, so gut es ging. Und der zerbrach sich für mich den Kopf, den er nicht hatte. Zwei Stunden später war ich müde. Die Pfeile gingen zur Neige, die Speere desgleichen. Aber Jonas lebte noch, und die Robokiller waren funktionsunfähig. Das alles stimmte Herrn Quartz nicht eben froh.

    Quartz: Gratuliere. Sie haben sich gut gehalten. Besser als erwartet. Vermutlich lassen Sie sich über Funk von Ihrem Computer beraten. Interessanter Random-Frequenzwechsel. Leider habe ich nicht die Zeit, ihn aufzuschlüsseln.

    Jonas: Sie sind eben zu sehr mit Ihren Spielzeugen beschäftigt.

    Quartz: Beschleunigen wir die Sache. Es ist Zeit, die Wilden zu aktivieren. So nenne ich meine Robokiller in menschlicher Gestalt. Mit einem wesentlich höher programmierten Reflex und Aggressionsverhalten. Dagegen wird auch ihr Computer machtlos sein. Sie waren gut, Jonas, aber einmal muß ein Ende gemacht werden. Vorher gebe ich Ihnen eine Pause von, sagen wir, einer halben Stunde. Ich bin kein Unmensch.

    Jonas: Das sah ich anders. Aber danach fragte er mich nicht. Pause also. Ich ließ mich fallen, wo ich gerade stand. In der Steppe. Am Fuß eines Kilimandscharo im Miniformat. Das war eine Anhäufung von Erde am Rand des Schlauchs. Weiter geführt durch einen gemalten Schneegipfel. Ganz hübsch. Allerdings hatte ich kaum Augen dafür. Ich fühlte mich so einsam wie Jonas im Walfischbauch. Nur daß ich das Gefressenwerden noch vor mir hatte. Wie sollte ich hier rauskommen? Vielleicht hatte Sam eine Idee.

    Sam: Es gibt nur eine einzige Möglichkeit. Mein Herr und Meister muß versuchen, an Quartz selbst heranzukommen und ihn auszuschalten.

    Jonas: Dazu müßte ich erst mal wissen, wo er steckt.

    Sam: Natürlich im Torus, o Rächer der Enterbten.

    Jonas: Klar, aber wo im Torus?

    Sam: Nicht im Schlauch.

    Jonas: Da hätte ich ihn schon gefunden. Moment mal Sammy. Quartzens Kopf im Bildfon. Diese komisch gesträubten Haare. Schwerelosigkeit.

    Sam: Herr Quartz befindet sich in der Nabe des Torus.

    Jonas: Und zwar oben. Unten ist die Landezone.

    Sam: Ein vielfältig erneuerter Mensch wie Herr Quartz fühlt sich zweifellos wohl im schwerelosen Zustand. Herz und Kreislauf werden weniger belastet...

    Jonas: Hör mal, für medizinische Vorlesungen haben wir jetzt keine Zeit. Sag mir lieber, wie ich den Kerl zu fassen kriege. Durch die Speichen?

    Sam: Vorsicht, Volksgenosse, Feind hört mit.

    Jonas: Keine Angst, Sam, ich sitz auf dem Mikro. Also, Speichen gehen nicht, die Türen sind fest zu und werden bestimmt elektronisch überwacht.

    Sam: Die Erfahrung lehrt uns, o überirdischer Bodhisattva, es gibt immer und überall eine Hintertür. Bei Dysfunktion des Schaltzentrums, um notwendige Außenreparatu-ren durchzuführen muß es möglich sein, den Schlauch des Torus auf direktem Wege zu verlassen. An irgendeiner Stelle der Außenwand befindet sich ein Notausgang.

    Jonas: Wo, Sam, wo?

    Sam: Ohne Frage ist er versteckt. Vermutlich in einer Erdaufschüttung.

    Jonas: An der Außenwand gibt’s nur eine Erdaufschüttung. Hier, wo ich sitze. Den Kilimandscharo.

    Jonas: Und am Kilimandscharo sollte sie sein, die Hintertür. Sam rechnete sie aus. Über Größe, Drehmoment, dieses und jenes. Und Sam hat sich noch nie verrechnet. Ich wollte gleich los, aber.

    Sam: Stop. Möge der hochwürdige Vater Abt bedenken, daß Quartz die Möglichkeit hat, ihn zu beobachten. Wieviel Kameras sind in Sichtweite?

    Jonas: Da, und da, und da ist auch noch eine. Drei.

    Sam: Drei. Und über wie viele Pfeile verfügt mein Meister?

    Jonas: Ein, zwei, leider nur drei, Sammy.

    Sam: Drei Pfeile, drei Kameras, ausgezeichnet.

    Jonas: Das sagst du so leicht dahin. Was ist, wenn ich daneben schieße?

    Sam: Dann, alter Freund, bist du eine Leiche.

    Jonas: Naja. Von der Seite her gesehen.

    Jonas: Ich zielte wie ein Weltmeister, und setzte die drei Kameras, die meine Sektion überwachten, mit drei Schüssen außer Gefecht. Auch diesmal hatte Sam sich nicht verrechnet. Ich fand den Notausgang genau da, wo er sein sollte. An der Bergwand, unter einem Busch. Innen ging links eine zweite Tür ab, zur Luftschleuse. Rechts hingen Raumanzüge und diverses Werkzeug. Ich lieh mir einen Lasercutter und eine Rückstoßpistole aus, stieg schneller als je zuvor in einen Raumanzug, machte das Funkgerät im Helm fest, dann 5 Minuten Luftschleuse, und ich war draußen. Erste Weltraumaktivität von Jonas: Ich befestigte die riesenlange Nylonleine des Anzugs an einem Außenhaken. Schließlich wollte ich nicht von nun an bis in Ewigkeit als neue Raumstation die Erde umkreisen. So. Was nun?

    Sam: Gestatten Majestät einen guten Rat.

    Jonas: Wozu hab ich dich denn, Sammy. Schieß los.

    Sam: Zuförderst sollten dero Großmächtigkeit darauf achten, stets außer Sicht des Herrn Quartz zu bleiben, welcher sich wie bekannt im oberen Teil der Torusnabe befindet.

    Jonas: Und so langsam mißtrauisch werden dürfte.

    Sam: Hoheit täten gut daran, sich von der Nabe her betrachtet, hinter der Schlauchwand zu halten, sich mittels der Rückstoßpistole zur nächstgelegenen Speiche vorzuarbeiten, und dann über der Speiche bis in die Mitte zur Nabe.

    Jonas: OK, Sammy, es geht los. Heil, Safari.

    Sam: Oder auch Waidmanns Heil.

    Jonas: An der Nabe pirschte ich mich mit Halali nach oben. Selber jagen macht viel mehr Spaß als gejagt werden. Die Nabe war oben abgeschlossen durch eine Halbkugel mit umlaufendem Fenster. Ich zog mich hoch, vorsichtig, ganz vorsichtig, und linste nach innen. Ja, das war der Kontrollraum. Und da.

    Jonas: Da ist Quartz.

    Sam: Wo hätte er sich wohl auch sonst befinden sollen, o größter Schnüffler aller Zeiten?

    Jonas: Da hockt er, wie, wie...

    Sam: Wie die Spinne im Netz.

    Jonas: Eher wie ein Ochsenfrosch im Teich. Um ihn herum seine Jagdausrüstung. Monitore. Hebel. Schalter. Schläuche. Drähte.

    Sam: Was tut er?

    Jonas: Er ist nervös. Er drückt auf irgendwelche Knöpfe.

    Sam: Er ahnt, was ihm bevorsteht, euer Lordschaft.

    Jonas: Und gleich wird er es ganz genau wissen. Operation Safari letzter Teil. Aktion.

    Sam: Es geht ein rechter Lasercutter durch Metall als wie durch Batter. Butter.

    Jonas: O Sam.

    Jonas: Als er das Zischen an der Wand hörte, da war Quartz klar, was sich abspielte. Aber jetzt war es zu spät. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf den Laserstrahl und auf das immer größer werdende Loch in der Wand. Die Atmosphäre verschwand zischend in den Raum, Vakuum breitete sich aus, Quartz schwoll an, wurde immer unförmiger, Blut spritze aus seinen Poren, sein Kopf war ein gigantischer roter Luftballon, und dann, dann platzte er, und was an ihm Blut, Fett, Muskelfleisch war, explodierte in den Kontrollraum und an mir vorbei in den kalten Kosmos. Ein Stahlgerüst, diverse Einbauteile, und ein paar Knochen, das war alles, was übrig blieb vom großen Gott der Safaristation.

    Jonas: Wie sagt man am Ende der Jagd, Sam?

    Sam: Jagd vorbei, Halali, o Wonne des Weltalls.

    Jonas: Genau. Also Jagd vorbei. Und von mir aus auch Halali.

    Sam: Was ist das Leben des Menschen?

    Jonas: Berechtigte Frage, Sammy.

    Sam: Nichts anderes denn ein Traum, ein Schatten, ein Tropfen Tau, der in der Sonne vergeht.

    Jonas: Die Rakete lag noch am Landeplatz. Ich ließ mich zur Erde zurückbringen. Unten erstattete ich gleich Anzeige, aber das hätte ich mir sparen können. Orbis International, das zeigte sich später, war mächtig genug, die Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. Vom Apartment aus rief ich Judith an. Ich hatte so ne Idee, daß sie mir beim Lecken meiner Wunden helfen könnte. Judith war nicht da. Mir blieb nur Sam. Nichts gegen Sam, aber Judith ist er nicht.

    Sam: Ökonomisch betrachtet, o vielvermögender Hauptabteilungsleiter, empfiehlt es sich für einen Detektiv nicht, seinen Auftraggeber zu vakuumisieren.

    Jonas: Ein wahres Wort, Sam. Was habe ich von der Sache gehabt? Ein Ausflug im Raum, ein paar Stunden Angst und Hetze, Kratzer und Schrammen, ein schauderhaftes Bild, das ich nicht so schnell vergessen werde.

    Sam: Und 1000 Euros.

    Jonas: Was?

    Sam: Der Kontostand meines Herrn beträgt zur Stunde 1162 Euros, 9 Cents. Herr Quartz hatte Vorschuß gezahlt.

    Jonas: Richtig, hatte er. Ganz vergessen. Wie schön. Das Leben sah gleich besser aus. Immer noch grau, zugegeben, nicht rosig, aber doch mit einem kleinen Goldrand am Horizont.

    Jonas: Immerhin.

    Sam: Halleluja, Harekrischna. Amen.

    Jonas: Du sagst es, Sammy.

    Das war Safari. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus. Sein Supercomputer Sam war Joachim Wichmann. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Wolfgang Büttner, und viele andere (Christoph Lindert, Detlef Kügow, Hans Stetter, Ute Mora, Michael Lenz, Irmhild Wagner). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Heiner Schmidt. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1984). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.

  • Comment Link Jonas Saturday, 27 September 2025 17:31 posted by Jonas

    Der letzte Detektiv
    Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
    Heute: Testmarkt

    Jonas: Sie war ein paar Jahre jünger als ich. Um die 35. Dunkles Haar, dunkle Augen, eine wohlgefällige Figur. In einem von diesen weißen Overalls, die nach gar nichts aussehen, und mehr kosten, als ein Detektiv im Monat verdient. In der 40-Quadratmeterklasse, schätzte ich. Auf dem Klientenstuhl in meinem Büro plus Apartment, 22 Quadratmeter und ein paar Zerquetschte, wirkte sie wie ein aufgeblühter Kirschzweig in einer alten Bierflasche. Ich bin sentimental. Ich mag Kirschblüten.

    Judith: Mein Name ist Delgado. Judith Delgado.

    Jonas: Judith. Das gefällt mir. Ein Mensch, dessen Name mit J anfängt, kann nicht ganz schlecht sein.

    Jonas: Ich heiße Jonas. Nur Jonas. Wie der Typ mit dem Walfisch in der Bibel. Viele Leute wundern sich darüber, daß ich nur einen Namen habe. Ich weiß nicht, warum. Ich meine, besser ein guter Name als drei miese.

    Judith: Ich kann es nicht glauben. Onkel Adrian hätte so was nie gemacht.

    Jonas: Was?

    Judith: Selbstmord. Ich versteh das nicht.

    Jonas: Sagen sie alle.

    Judith: Bitte?

    Jonas: Sagen sie alle, wenn der liebwerte Anverwandte endlich freiwillig die Kurve kratzt, weil sich kein Aas um ihn gekümmert hat.

    Judith: Ihr Ton gefällt mir nicht.

    Jonas: Sam?

    Sam: 243, o Herr und Meister.

    Judith: 243?

    Jonas: Sam führt `ne Liste. Von Leuten, die mir sagen, ihr Ton gefällt mir nicht. Sie sind Nummer 243.

    Judith: Ich habe mich um Onkel Adrian gekümmert. Und ich bin ganz sicher, er hat sich nicht umgebracht.

    Jonas: Das sagen Sie. Und was steht auf dem Totenschein? Name?

    Judith: Judith Delgado.

    Jonas: Nicht Ihrer. Onkel Adrian. Name, Nummer, Adresse und so weiter.

    Judith: Adrian Delgado. Südstadt, 33. Straße, Nummer 170, Aufgang G, Apartment 93. Bürgernummer 15 B 27 09 1939. Aber das ist unnötig. Ich habe schon...

    Jonas: Lassen Sie das mich auf meine Weise machen. Sam?

    Sam: Magnifizenz?

    Jonas: Todesdatum. Todesursache.

    Sam: Hören ist gehorchen, euer Lordschaft. Piep. Herr Adrian Delgado verließ dieses unser irdisches Tal der Tränen aus freien Stücken am 13. März im Jahre des Herrn 2009.

    Jonas: Also gestern.

    Sam: Indem er das Fenster seines im 9. Stockwerk gelegenen Apartments öffnete und sich, den Kopf voran, durch dasselbe in die Tiefe stürzte. Beim Aufschlag erlitt er folgende, in ihrer Gesamtheit tödliche Verletzungen.

    Jonas: Brauchen wir nicht. Ist gut, Sammy.

    Sam: Wie Durchlaucht befehlen.

    Jonas: Sie haben’s gehört, Judith. Selbstmord. Ganz offiziell. Kein Fall für Jonas.

    Judith: Ich kenne den Totenschein. Er lügt.

    Jonas: Lassen Sie mich raten. Lebensversicherung?

    Judith: Ja, das auch, aber.

    Jonas: Zu Ihren Gunsten abgeschlossen. Und bei Selbstmord zahlt die Versicherung nicht. Wie hoch?

    Judith: 100.000 Euros. Aber das ist es nicht. Ich hatte Onkel Adrian gern.

    Jonas: Rührend. Und was soll ich jetzt tun?

    Judith: Nachforschen natürlich. Rauskriegen was wirklich passiert ist.

    Jonas: Ich bin der letzte. Der letzte Privatdetektiv. Der letzte freie Beruf. Seit Ärzte und Anwälte Staatsdiener sind. Und Künstler Medienbeamte mit Pensionsberechtigung. Wahrscheinlich bin ich auch der einzige Privatdetektiv. Wenigstens in unserer unschönen, aber großen Stadt Babylon. Ohne Konkurrenz. Nicht, daß es mir viel nützt, aber wer braucht heutzutage schon einen Detektiv? Menschen, die nen Knacks haben oder eine fixe Idee. Wie Judith.

    Jonas: Ich kriege 80 Euros pro Tag und Spesen. Aber ich sag Ihnen gleich: Sie werfen ihr Geld zum Fenster raus.

    Judith: Das lassen Sie meine Sorge sein. Ich habe gute Gründe.

    Jonas: Klar. Warum sollte sich Onkel Adrian schon umgebracht haben? Warum bringen sich Jahr für Jahr Millionen Menschen um? Sam, die letzten Selbstmordzahlen für Europa.

    Sam: Bitte sehr, bitte gleich, o Sahib. Piep. Januar bis Dezember 2008: 4 532 728 Suizide, gleich 0, 37258 % der Bevölkerung. Im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 3, 6661 %. Januar bis Februar 2009...

    Jonas: Das reicht, Sam. Sehen Sie, Judith, jeder kann sich umbringen, Sie. Ich.

    Judith: Ein außergewöhnlicher Computer, den Sie da haben.

    Jonas: Sam. Der ist nicht außergewöhnlich. Der ist verrückt. Was, Sammy?

    Sam: Wenn du meinst, Mac, du bist der Chef.

    Jonas: Außer Walzertanzen und Kinderkriegen kann Sam praktisch alles. Hören, Sehen, sich in zugängliche und auch ein paar unzugängliche Datenbänke einschalten, deduzieren, und reden, vor allem reden. Die Hersteller haben ihn versuchsweise mit allen möglichen ausgefallenen Sprachprogrammen vollgestopft. Und jetzt redet der gute Sam nicht nur wie ein Buch, er tönt wie eine ganze Bibliothek. Deswegen habe ich ihn auch verhältnismäßig billig gekriegt, als ich mit meiner Abfindung aus dem Antarktischen Krieg zurückkam und beschloß, Detektiv zu werden. Wer will sich schon ständig mit einem elektronischen Oberlehrer unterhalten. Ich habe ihm dann noch ein paar neue Sprachprogramme eingegeben, als Gegengewicht sozusagen, und das alles ist ihm ein bißchen durcheinander geraten. Nicht zu reparieren. Man muß sich dran gewöhnen.

    Jonas: Darf ich vorstellen: McCoy Incorporated, Typreihe Doktor, Versuchsmodell Chrysostomus, Baujahr 2005. Ich nenne ihn kurz Sam. Sie werden kaum wissen, warum.

    Judith: Hallo, Sam.

    Sam: Küß die Hand, gnädige Frau.

    Judith: Play it again, Sam. Spiel As Time goes by.

    Sam: Klaro, Schwester. Auf geht's.

    Jonas: Sie kennen Casablanca?

    Judith: Aber ja, und ich mag Bogie und Phil Marlowe und Sam Spade und Lew Archer und Albert Samson und...

    Jonas: Und ich dachte, ich bin der einzige in ganz Babylon. Das muß gefeiert werden. Ein Drink, Bürowhiskey. Original Old Forester. Die letzte Flasche für den letzten Detektiv. Ich darf leider nicht. Mein Magen.

    Judith: Cheers, Jonas. Sie spielen Ihre Rolle gut. Aber jetzt könnten Sie eigentlich einen Gang zurückschalten. Ich glaube Ihnen ja, daß Sie genau so ausgekocht sind wie ihre Vorbilder.

    Sam: Groß, schnell, hart und voller Stacheln. Raymond Chandler.

    Judith: Und deshalb werden Sie auch feststellen, was mit Onkel Adrian passiert ist.

    Jonas: Warum lassen Sie den armen Onkel nicht in Frieden ruhen, in seiner Urne oder wo er immer steckt. Ich habe Ihnen doch gesagt.

    Judith: Ich habe Ihnen gesagt, Jonas, daß ich gute Gründe habe für meinen Verdacht. Zwei gute Gründe, um genau zu sein.

    Jonas: OK, ich höre. Erstens.

    Judith: Onkel Adrian war einigermaßen gesund, vergnügt, lebenslustig, überhaupt kein Selbstmordtyp.

    Jonas: Und zweitens.

    Judith: Lassen Sie Ihren verdrehten Computer feststellen, wie viel Menschen gestern in der Südstadt Selbstmord begangen haben.

    Jonas: Von mir aus. Na, was ist denn, Sammy?

    Sam: Sie hat mir gar keine Befehle zu geben. Und Sie hat verdrehter Computer zu mir gesagt.

    Jonas: Ach was, zier dich nicht. Komm rüber mit den Zahlen.

    Sam: Aye Aye, Sir. Piep. Piep. Ich bedaure unendlich. Aber die gewünschte Information ist mir nicht zugänglich. Sie ist klassifiziert und codiert. Dritte Geheimstufe.

    Jonas: Nanu. Seit wann?

    Sam: Seit dem 12. März 2009, großer Meister.

    Jonas: Moment. Die Selbstmordzahlen der Südstadt für gestern sind seit vorgestern klassifiziert?

    Sam: Soll ich es dir auch noch buchstabieren, Kumpel?

    Jonas: Merkwürdig. Und Sie wußten das, Judith?

    Judith: Ich arbeite im Ministerium für Statistik und Soziographie.

    Jonas: Aha. Können Sie den Code beschaffen?

    Judith: Ich will’s versuchen. Ich ruf Sie an. Das heißt, wenn Sie den Fall übernehmen und für mich arbeiten wollen.

    Jonas: Weil Sie Bogie und Konsorten kennen, Judith. Weil an der Sache was faul ist. Weil ich momentan nichts Besseres vorhabe. Abgemacht.

    Judith: Auf Ihren neuen Fall, Jonas.

    Jonas: Und weil ich Kirschblüten mag.

    Jonas: Die Südstadt, vor einem knappen halben Jahrhundert gebaut, ist schon vier-mal saniert worden. Diverse Wohnungsgesellschaften haben sich gesundgestoßen, aber sonst hat sich nicht viel geändert. Immer noch dieselben Hochhäuser, die aussehen wie riesige angegraute Käsestücke. Voller Löcher und Schimmel. Und Maden, dicht an dicht. Irgendwo müssen sie ja wohnen. Aber die Südstadt ist kein Slum, Gott bewahre, sie ist ein Wohngebiet mit spezifischen strukturellen Problemen. Das sagt die Bürgermeisterin jede Woche in ihrer Fernsehshow. Und die muß es wissen. In Onkel Adrians Haus war der Fahrstuhl kaputt. Die Fahrstühle in der Südstadt sind immer kaputt. Um wieder zu Atem zu kommen, studierte ich im 9. Stock die Graffiti. Das übliche. Die Tür zu Apartment 93 war versiegelt. Ich klopfte. Im Spion der Tür von Apartment 95 hatte ich was gesehen. Ein blutunterlaufenes Falkenauge. Das Übliche.

    Nachbarin: Keiner da, junger Mann. Was wollen Sie denn?

    Jonas: Telegramm für Herrn Delgado.

    Nachbarin: Delgado. Der wohnt nicht mehr hier.

    Jonas: Ausgezogen?

    Nachbarin: Nicht direkt.

    Jonas: Wissen Sie, wo ich ihn erreichen kann?

    Nachbarin: Da müssen Sie sich schon Flügel anschaffen, junger Mann.

    Jonas: Eine Kipperin. Das übliche. Die Südstadt ist voll von Kippern. Und nicht nur die Südstadt. Die Dame war in Alkohol eingelegt worden und seit Jahren gut durchgezogen. Nicht mehr weit zum Delirium. Ich frage mich, was sie heute sehen, wo’s keine Elefanten mehr gibt, und keine weißen Mäuse. Vielleicht karierte Computer.

    Nachbarin: Wo haben Sie denn das Telegramm?

    Jonas: In der Tasche.

    Nachbarin: Und Ihre Uniform?

    Jonas: In der Reinigung. Delgado ist tot?

    Nachbarin: Toter geht’s gar nicht. Gestern Abend haben sie ihn im Lichthof abgekratzt. Aus dem Fenster gesprungen. Was man hier so Fenster nennt.

    Jonas: Selbstmord?

    Nachbarin: Muß wohl.

    Jonas: Probleme?

    Nachbarin: Haben Sie keine, junger Mann? Aber wo Sie so fragen. Delgado ist der letzte, der so was macht, hab ich immer gedacht. Kam ab und zu rüber und trank einen Schluck mit. Wollen Sie auch einen?

    Jonas: Danke, mein Magen. Aber lassen Sie sich nicht stören.

    Jonas: Sie war eine reinliche Person und trank gleich aus der Flasche. Ein Glas weniger zum Abwaschen.

    Nachbarin: Vorgestern war er noch hier. Ganz munter. Am Wochenende wollte er eine Tour machen, zu einem von diesen Vergnügungssatelliten. Er hat mir die Prospekte gezeigt. Und dann springt er vorher in den Lichthof. Ist schon komisch.

    Jonas: Vielleicht war’s ein Unfall.

    Nachbarin: Klar, junger Mann. Delgado ist auf einen Stuhl gestiegen und hat sich dann durchgezwängt. Das müssen Sie nämlich tun, wenn Sie hier aus Versehen aus dem Fenster fallen wollen.

    Jonas: Es könnte ihn ja auch jemand gestoßen haben.

    Nachbarin: Wer denn, junger Mann? War ja keiner bei ihm, als es passiert ist. Ich seh alles. Ich weiß Bescheid. Er war ganz allein. Ganz allein mit sich selbst. Wollen Sie nicht doch was trinken?

    Jonas: Immer noch nicht. Hat er im Lauf des Tages Besuch gehabt?

    Nachbarin: Besuch? Wer?

    Jonas: Der Staatspräsident, wer denn sonst?

    Nachbarin: Sie nehmen mich hoch, junger Mann. Manchmal kam seine Nichte. Nette Person. War aber schon `ne Woche nicht mehr hier.

    Jonas: Und gestern?

    Nachbarin: Kein Mensch. Bloß irgend so ein Mädchen mit 'ner Warenprobe.

    Jonas: Warenprobe? Was für eine Warenprobe?

    Nachbarin: Keine Ahnung. Bei mir hat sie nicht geklingelt. Kosmetik oder so was. Weißen Kittel hatte sie an. Tja, und der Postroboter natürlich. Mit der Reklame.

    Jonas: Fünf Häuser weiter war ein Laden. Im Schaufenster künstliches Immergrün und auf einem lila Podest eine angestaubte Designer-Urne, daneben ein Schild: Für die letzte Wohnung ihrer Lieben ist das Beste gerade gut genug. Das gab mir zu denken.

    Bestattungsunternehmer: Sie haben einen schmerzlichen Verlust erlitten, mein Herr.

    Jonas: Eine Tante.

    Bestattungsunternehmer: Oh. Mein tief empfundenes Beileid. Mitten im Leben...

    Jonas: Heute rot, morgen tot.

    Bestattungsunternehmer: Wie wahr, wie wahr, mein Herr. Rasch tritt der Tod den Menschen an.

    Jonas: Rasch ist das treffende Wort. Sie ist aus dem Fenster gesprungen.

    Bestattungsunternehmer: Ist ja nicht zu glauben.

    Jonas: Wieso? Das kommt vor.

    Bestattungsunternehmer: Und wie das vorkommt. Hinten hab ich 11 Fensterstürze liegen, 11, mein Herr, alle von gestern, alle aus dieser Straße.

    Jonas: Wie das Leben so spielt.

    Bestattungsunternehmer: Sie meinen, der Tod. Tja. Scherz beiseite. Woran dachten Sie? Super Luxus, 1a deluxe?

    Jonas: Wissen Sie, ich habe sie ja kaum gekannt, wie das so ist.

    Bestattungsunternehmer: Ich verstehe, mein Herr, schlicht und gediegen. Raum ist in der kleinsten Hütte, nicht wahr? Wenn ich Ihnen unsere beliebte Grundausstattung zeigen darf.

    Jonas: Ein ander Mal. Geben Sie mir Ihre Preisliste. Ich melde mich.

    Jonas: Die Telefonzelle an der Ecke war kaputt. Die Telefonzellen in der Südstadt sind immer kaputt. Schließlich fand ich eine, die funktionierte. Die Kaputtmacher mußten sie vergessen haben. Ich rief die Polizeidirektion Südstadt an.

    PoPo1: Ja?

    Jonas: Ich brauch ne Auskunft. Über `nen Selbstmord.

    PoPo1: Was Sie nicht sagen. In der Südstadt. Fenstersturz.

    Jonas: Ja.

    PoPo1: Ich geb Sie weiter.

    PoPo2: PoPo. Sie wünschen.

    Jonas: Wie war das?

    PoPo2: Wie war was?

    Jonas: Wie haben Sie sich gemeldet?

    PoPo2: PoPo. Populationspolizei.

    Jonas: Oh, falsch verbunden.

    PoPo2: Glaub ich nicht, Freundchen. Was wollen Sie?

    Jonas: Ein angeblicher Selbstmordfall. Sind Sie dafür zuständig?

    PoPo2: Wir sind immer zuständig, Freundchen.

    Jonas: Wenn Sie meinen. Also, Adrian Delgado, Nummer 15 B 27 09 1939.

    PoPo2: Ja und?

    Jonas: Eindeutiger Selbstmord oder.

    PoPo2: Oder was? Natürlich Selbstmord. Ganz klar. Wer sind Sie?

    Jonas: Kein Zweifel? Keine Verdachtsmomente?

    PoPo2: Wer sind Sie? Von wo sprechen Sie?

    Jonas: Was meinst du, Sam?

    Sam: Die Affäre, der Hochwürden zur Zeit ihre Energie widmen, gibt ein Odeur ab, welches als wenig erfreulicher als unangenehm zu bezeichnen ich mich nicht enthalten kann.

    Jonas: Noch mal, Sam.

    Sam: Genosse, die Sache stinkt zum Himmel.

    Jonas: Du sagst es, Sammy.

    Jonas: Sam hatte ich natürlich bei mir. Das heißt, nicht den großen Terminal, der steht fest im Büro, sondern Sam zwo. Sam zwo ist eine drahtlose Extension, ein Kästchen, das bequem in jede Tasche paßt und seine Energie aus Batterien bezieht. Ansonsten ist der Sam zwo derselbe Sam wie die große Nummer eins. Bißchen verrückt, eine mächtige Klappe, und viel dahinter.

    Sam: Wenn Sie mir den Vorschlag gestatten, Sir, es wäre ratsam, diesen Ort auf schnellstem Wege zu verlassen. Ohne Zweifel dürfte man bei der Populationspolizei bereits fieberhaft damit beschäftigt sein, das Telefonat zurückzuverfolgen.

    Jonas: Eigentlich wollte ich noch schnell Judith anrufen.

    Sam: Kannst du zuhause machen. Hau endlich ab, Mensch, sonst kriegen sie uns am... am... am Kragen, o Herr, o Meister.

    Jonas: Hast ja recht, Sammy. Rikscha!

    Jonas: Daß ich mir `ne Rikscha leistete, brachte nicht viel ein. Ich mußte trotzdem fast den ganzen Weg nach Hause laufen. Ein Pechtag. Die Kusbekische Befreiungsfront hatte in meinem Viertel was in die Luft gesprengt, ein Konsulat oder Kulturzentrum, und die Terrorpolizei sperrte weiträumig ab, wie sie das nennt. Eine interessante Technik. Bombenleger fängt man dadurch nicht, aber das Publikum merkt wenigstens, daß die Freunde und Helfer sich Mühe geben. Als ich nach Hause kam, war es schon dunkel.

    Judith: Ich hab den ganzen Nachmittag versucht, Sie anzurufen, Jonas.

    Jonas: Ich war unterwegs. In Ihrer Angelegenheit.

    Judith: Haben Sie was erreicht?

    Jonas: Ein bißchen. Besuchen Sie mich, dann erzähle ich es Ihnen.

    Judith: Später, Jonas, wenn Sie den Fall abgeschlossen haben.

    Jonas: Was ist mit dem Code?

    Judith: Es war nicht ganz leicht, aber ich habe ihn. Schreiben Sie mit.

    Jonas: Mit der Codezahl kam Sam ohne Probleme in die geheime Selbstmordstatistik der Südstadt. Und was er da entdeckte, war schon seltsam. Wenn auch nicht gerade eine Überraschung, nach allem, was ich heute mitgekriegt hatte.

    Sam: Die Selbstmordrate der Südstadt für den 13. März liegt allgemein um 217 % über dem Durchschnitt. Selbstmord durch Sturz aus dem Fenster bzw. von einem hochgelegenen Standort: 489 % über Durchschnitt.

    Jonas: Zufall?

    Sam: Zufälliges Ergebnis, Wahna, seien gänzlich undenkbar. Wahrscheinlichkeit dafür liegen bei 0,00.

    Jonas: OK. Sammy, OK OK, sei mal `nen Moment still. Ich muß nachdenken.

    Sam: Zum Nachdenken dürfte bei aller Bescheidenheit meine geringe Person weitaus geeigneter sein als ihro Durchlaucht.

    Jonas: Du sollst still sein, habe ich gesagt.

    Sam: Durchlaucht schaden sich selbst, aber wie Durchlaucht wünschen. Ein Computer gehorcht und schweigt. Wie das Grab. Nichts sagen, nicht fragen, und nur nicht verzagen. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Nur in der Stille reift ein großer Geist.

    Jonas: Ich hab’s.

    Sam: Wird schon was rechtes sein.

    Jonas: Hör auf zu Mosern, Sam, tu lieber was.

    Sam: Und was befehlen Eminenz?

    Jonas: Gib mir die durchschnittliche Persönlichkeitsstruktur von allen, die gestern in der Südstadt aus dem Fenster gesprungen sind.

    Sam: Bitte sehr. Piep. Männlich und weiblich. Über 55 Jahre. Allein lebend. Keine feste Beziehung. Keine zeitweilige Partnerschaft. Keine Gruppe. Keine Kinder. Wohnraumklasse zwischen 15 und 25 qm.

    Jonas: Eben Südstadt. Millionäre wohnen da nicht.

    Sam: Wünschen Monsignore Einzelheiten? Hobbys, bevorzugte Videos, Biorhythmen und so weiter?

    Jonas: Nicht nötig, Sammy.

    Sam: Wie Sie wollen. Sie sind der Boss. Sag ich also nichts zum persönlichen Hygienefaktor.

    Jonas: Hygienefaktor? Na klar! Was ist mit dem Hygienefaktor?

    Sam: Um 67, 74 % über dem Durchschnitt. Interessant, Sahib?

    Jonas: Aber ja. Und jetzt suchst du mir.

    Sam: Derrick Kracau, 29. Straße, Nummer 5, Aufgang C, Apartment 142.

    Jonas: Wer ist das?

    Sam: Na wer schon, Meister? Ein Mensch, welcher sich jeglicher Merkmale vorbenannter Persönlichkeitsstruktur erfreut, jedoch, und das ist, wenn Sie mir den Kalauer verzeihen, der springende Punkt, nicht durch einen Sprung aus dem Fenster seinem Leben ein Ende gesetzt hat. Das war es ja wohl, was Eminenz wollten.

    Jonas: Ja aber ich hab doch noch gar nichts gesagt!

    Sam: Sam nur armer kleiner Computer, Massa, aber Sam denken unheimlich schnell.

    Jonas: Wundere dich nicht, wenn du eines schönen Tages in der Schrottmühle landest.

    Sam: Zu Befehl. Nicht wundern. Fahren wir in die Südstadt, Majestät?

    Jonas: Morgen früh, Sam. Klapp das Bett raus.

    Sam: Gesegnete Ruhe, eure Heiligkeit. Guten Abend, gute Nacht, mit Rosen beda-hacht...

    Jonas: Derrick Kracau trug einen Nostalgie-Haarschnitt a la Punk, das neueste an Körperfarben und ansonsten nicht viel, abgesehen von zahllosen Kettchen an Hals, Armen, Beinen und um seine unübersehbar 60jährige Taille. Er duftete nach allen Estern des Orients, und verströmte soviel Charme wie ein gesprungenes Bidet.

    Kracau: O, je früher der Morgen, desto schöner die Gäste. Sagen Sie nichts. Lassen Sie mich raten. Sie sammeln für die St. John-Lennon-Kapelle. Nein? Sie verkaufen illegale Holos? Auch nicht? Dann sind Sie vielleicht ein böser böser Räuber, hmh, und wollen mir unaussprechlich gräßliche Dinge antun, hmh?

    Jonas: Seh ich so aus?

    Kracau: Nicht? Schade.

    Jonas: Wenn ich richtig informiert bin, Herr Kracau, sind Sie vorgestern von einer unserer Vertreterinnen aufgesucht worden.

    Kracau: Vorgestern? Ach Sie meinen dieses schnippische Weibstück mit der kostenlosen Probetube Zahncreme. Dentomed oder wie das Zeug heißt.

    Jonas: Ganz recht, Herr Kracau, haben Sie die Zahnpasta inzwischen benutzt?

    Kracau: Ich bitte Sie. Meine Beißerchen scheuere ich mich Diospecial. Nur mit Diospecial. Seit Jahren. Da werd ich doch nicht von heute auf morgen mir nichts dir nichts auf irgendeine neue vulgäre Marke umsteigen.

    Jonas: Ihr Glück. Haben Sie die Probe noch?

    Kracau: Moment. Muß hier irgendwo sein. Hat sich versteckt das freche Ding. Ja, hier haben wir’s. Hier.

    Jonas: Danke. Ich muß die Tube einziehen, Herr Kracau.

    Kracau: Aber aber. Geschenkt ist geschenkt. Wiederholen ist gestohlen.

    Jonas: Unsere Marketing-Group hat einen kleinen Fehler gemacht. Das Produkt ist noch nicht endgültig freigegeben. Nebenwirkungen, Sie verstehen, Kontraindikationen. Wir müssen noch eine Testreihe durchführen.

    Kracau: O Gott O Gott, da wären mir womöglich die Beißerchen ausgefallen, wenn ich das Zeug genommen hätte.

    Jonas: Womöglich, aber es ist ja nichts passiert. Putzen Sie sich weiter die Zähne mit Diospecial, Herr Kracau, kaufen Sie sich ein paar neue Kettchen, und vergessen Sie ab und zu Ihren Geburtstag, das hält frisch.

    Kracau: Oh!

    Jonas: Dentomed, Sam.

    Sam: Piep. Eine Firma beziehungsweise eine Warenmarke dieses Namens ist weder im Handelsregister noch in einer anderen in Frage kommenden Datei eingetragen, Milord.

    Jonas: Dachte ich mir.

    Jonas: Jetzt brauchte ich einen Wissenschaftler. Nebenwirkungen, Kontraindikationen, Testreihen, das sagt sich leicht. Die praktische Anwendung war schon schwieriger. Zu schwierig für einen einfachen Privatdetektiv. Auch Sam war da überfragt. Ausnahmsweise. Dr. Prosper war ein Star an der Uni gewesen, bis sie ihn gefeuert hatten, um den Nobelpreis zu kriegen soll er Forschungsergebnisse gefälscht haben. Er selbst behauptet, ein Konkurrent habe ihn reingelegt. Früher hatte Dr. Prosper am Markgrafenboulevard gewohnt, jetzt hauste er draußen im Osten, in einer Gegend, die sogar die Bürgermeisterin als Slum bezeichnen konnte, ohne rot zu werden. Er hatte sich ein kleines Labor eingerichtet, und tat für Geld alles. Fast alles.

    Dr. Prosper: Erst... erst mal das Wichtigste. 2... 200 Euros. In bar. Und im Voraus.

    Jonas: 100. 50 jetzt, 50 wenn Sie fertig sind.

    Dr. Prosper: Geben... Geben Sie her. Was... was soll ich tun?

    Jonas: Sehen Sie sich das hier mal ein bißchen näher an.

    Dr. Prosper: Zahnpasta. Warum... warum gehen Sie nicht zu Warentest oder zum... zum Konsumentenbund?

    Jonas: Wollen Sie sich 100 Euros verdienen oder nicht?

    Jonas: Er wirkte nervös. Seine wasserblauen Augen schwammen ängstlich hinter dicken Brillengläsern. Wie Picassofische im Aquarium. Vielleicht hatte er eine Vorahnung. Vielleicht hatte er auch bloß nicht ausgeschlafen. Aber Jonas ist ein harter Bursche. Ohne mit der Wimper zu zucken, nimmt er Babys den Schnuller weg. Einen vergammelten Doktor bei der Stange zu halten, ist für ihn ein Kinderspiel.

    Dr. Prosper: Irgendwas... irgendwas krumm an der Sache?

    Jonas: Und noch 20 drauf, weil Sie’s sind.

    Dr. Prosper: OK. Gift?

    Jonas: So was ähnliches. Kennen Sie ein Psychopharmakon, das zu Selbstmord führt?

    Dr. Prosper: Eine... eine Suiziddroge?

    Jonas: Eine Droge, die Menschen dazu bringt, aus dem Fenster zu springen.

    Dr. Prosper: Möglicherweise ein...ein Salzsäurederivat. Und so was soll da drin sein?

    Jonas: Würde mich nicht überraschen. Stellen Sie’s fest. Morgen früh um 9 komm ich wieder.

    Dr. Prosper: Viel zu kurz.

    Jonas: 120 Euros.

    Dr. Prosper: Unmöglich.

    Jonas: Und seien Sie vorsichtig. Lassen Sie die Tube nicht offen rumliegen.

    Dr. Prosper: Wo versteckt der weise Mann ein Blatt?

    Jonas: Keine Ahnung. Also bis morgen, Dr. Prosper. Es war mir ein Vergnügen.

    Dr. Prosper: Sie mich auch, Jonas.

    Jonas: Am nächsten Morgen pünktlich um 9 stand ich wieder vor der Tür. Ich klingelte. Ich klopfte. Nichts rührte sich. Ich gab der Tür einen kleinen Tritt. Sie ging auf. Dahinter lag ein Chaos, das gestern noch ein Labor gewesen war. Splitter, Scherben, zerschlagene Käfige, tote Ratten. Und ein toter Mann, der gestern noch Dr. Prosper gewesen war.

    Jonas: Erstochen. Mit seinem eigenen Skalpell. Und dann haben die Mörder Kleinholz gemacht.

    Sam: Dreimal dürfen Hoheit raten, was sie gesucht haben. Die Frage ist: Konnte Dr. Prosper die Tube Zahnpasta so geschickt verbergen, daß es den Mördern nicht gelang, sie zu finden?

    Jonas: Das ist die Frage, Sammy. Du sagst es. Ich seh sie nicht.

    Sam: Wo versteckt der weise Mann ein Blatt?

    Jonas: Du bist auf dem falschen Dampfer, Sam. Wir suchen kein Blatt, wir suchen Zahnpasta.

    Sam: Schon des Öfteren hatte euer bescheidener Diener Gelegenheit, festzustellen, daß die literarische Bildung euer Durchlaucht sich als recht lückenhaft erweist, sofern es sich nicht um Autoren wie Hammett, Chandler, Macdonald etc. handelt. Was ich soeben sagte, wobei ich lediglich wiederholte, was Dr. Prosper gestern Ihnen gegenüber äußerte, ist ein Zitat. Ein Zitat aus einer Kurzgeschichte des antiken Detektivschriftstellers Gilbert Keith Chesterton.

    Jonas: Kenn ich nicht.

    Sam: Wo versteckt der weise Mann ein Blatt, fragt eine Figur, und die Antwort lautet: Im Walde.

    Jonas: Ja und?

    Sam: Wo versteckt der weise Mann eine Tube Zahnpasta?

    Jonas: In der Waschnische.

    Sam: Na bitte, es geht doch, wenn euer Wohlgeboren Ihr Hirn ein wenig strapazieren.

    Jonas: Und hier, hier ist sie, die Tube. Ein bißchen zerdrückt, in einem schmutzigen Glas, neben einer zerfaserten Zahnbürste.

    Sam: Durchlaucht werden mir darin zustimmen, daß es Dr. Prosper vor seinem unzeitigen Tod nicht vergönnt war, die von Durchlaucht gewünschte Untersuchung vorzunehmen.

    Jonas: Sieht nicht so aus. Und was machen wir jetzt?

    Jonas: Ich sah aus dem offenen Fenster. Es hatte angefangen zu regnen. Ein grau-gelber Himmel hing über der Stadt, wie das Fell einer ertrunkenen Siamkatze. Schöner Satz, nicht? Direkt aus dem Poesiealbum des Privatdetektivs.

    Jonas: Also eins steht fest: Wir können das Zeug nicht testen.

    Sam: Einerseits sehe ich mich gezwungen, euer Gnaden darin rechtzugeben. Andererseits jedoch...

    Jonas: Sammy, du hast ne Idee?

    Sam: Schallt nicht, o großer Vorsitzender, aus jener Ecke ein gewisses Quieken an mein elektronisch Ohr?

    Jonas: Eine von Prospers Ratten. Im Käfig. Unter dem Bett. Die Kerle haben sie übersehen.

    Sam: Zweifellos, Milord. Besagtes Übersehen eröffnet uns die Möglichkeit, wenn auch nicht zu einem Test im streng wissenschaftlichen Sinne, so doch zu einer gewissen informellen Überprüfung und, wie zu vermuten, Bestätigung unseres Verdachts.

    Jonas: Moment mal, Sammy. Du meinst, ich soll der Ratte die Zähne putzen?

    Sam: In aller Bescheidenheit, Sahib, es wäre ausreichend, dem Tier die verdächtige Zahncreme durch Maul und Speiseröhre in den Verdauungstrakt zu praktizieren.

    Jonas: Ja Ja Ja Ja Ja Ja Ja. Ich... ich will dir was verraten, Sammy, ich... ich ekle mich vor Ratten.

    Sam: 1984.

    Jonas: 1984? Da war ich 16, und hab mich auch schon vor Ratten geekelt.

    Sam: Eine literarische Reminiszenz, o großer Bruder.

    Jonas: Denk an die Schrottmühle, Sammy.

    Sam: Alles klar, Käpt'n, also los.

    Jonas: Wenn es unbedingt sein muß. Na, komm, Tierchen, komm. Komm, sieh mal, leckere Zahnpasta.

    Jonas: Einer Ratte Zahnpasta eintrichtern, das macht Jonas mit der linken Hand. Die rechte braucht er nämlich, um dem Vieh das Maul aufzuhalten. Wie gesagt, Jonas ist ein harter Bursche. Wenden Sie sich vertrauensvoll an ihn, wenn Sie ausgefallene zoologische Probleme haben. Kamel durchs Nadelöhr? Kleinigkeit.

    Jonas: Uaäh, das wär’s.

    Sam: Der näheren physiologischen und, wenn man so sagen darf, psychosomatischen Verwandtschaft mit homo sapiens wegen, wäre ein Hausschwein ohne Frage ein weit geeigneteres Versuchstier, o Herr und Meister. Da uns ein solches jedoch nicht zur Verfügung steht.

    Jonas: Ein Schwein? Warum nicht? 100.000 Euros auf dem schwarzen Markt, oder wir klauen eins aus dem Zoo.

    Sam: Das, großer Lehrmeister und Steuermann, dürfte unnötig sein. Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Verhalten unserer Ratte richten wollten.

    Jonas: Das Vieh dreht durch. Rennt hin und her wie angestochen. Schmeißt sich gegen das Gitter.

    Sam: Steh nicht rum, Mensch, stell den Käfig aufs Fensterbrett. Mach die Schiebetür auf. Sofern meine demütigen Anregungen euer Majestät genehm sind.

    Jonas: Sie ist aus dem Fenster gesprungen!

    Sam: Quod erat demonstrandum, domine.

    Jonas: Also wirklich eine Selbstmorddroge. Verschwinden wir, Sammy.

    Sam: Im Prinzip ja, Chef. Mein juristisches Programm unter besonderer Berücksichtigung legaler Probleme im privatdetektivischen Bereich weist jedoch darauf hin, euer Ehren, daß am Schauplatz eines Verbrechens, in Sonderheit eines Kapitalverbrechens, gewisse gesetzlich vorgeschriebene Pflichten nicht umgangen werden sollten.

    Jonas: Die Polizei? Meinst du wirklich, wir sollten sie rufen?

    PoPo2: Nicht mehr nötig, Freundchen.

    PoPo1: Wir sind schon da.

    PoPo 2: Sagte der Hase zum Schwinegel.

    Jonas: Zwei Kleiderschränke in den geschmackvollen schwarz-roten Uniformen der PoPo marschierten ins Zimmer, und fingen an, Pingpong zu spielen, mit mir als Ball. Und das meine ich nicht nur bildlich.

    PoPo1: Hände übern Kopf.

    PoPo2: Sie sollten sich schämen. So eine Unordnung. Wie sieht denn das aus?

    PoPo1: Da liegt `ne Leiche, Chef.

    PoPo2: Aber aber das geht nun wirklich zu weit.

    Jonas: Lassen Sie mich erklären.

    PoPo2: Lassen wir ihn, Bo?

    PoPo1: Ich weiß nicht, warum eigentlich?

    Jonas: Hören Sie.

    PoPo2: Schnauze. Sieh mal nach, was er in der Tasche hat, Bo.

    PoPo1: Keine Waffe, Chef, bloß ne Computerextension und ne Brieftasche, 180 Euros.

    PoPo2: Besser als gar nichts. Her damit.

    PoPo1: Rentenkarte, Ausweis.

    PoPo2: Willst du den Herrn nicht vorstellen, Bo?

    PoPo1: Jonas heißt er.

    PoPo2: Und?

    PoPo1: Nichts und. Nur Jonas.

    PoPo2: Ach, schlicht und sparsam.

    PoPo1: Ja, und von Beruf ist er, na so was, Privatdetektiv.

    PoPo2: Privatdetektiv. So so. Was machen Sie hier?

    Jonas: Ich warte. Auf Godot.

    PoPo2: Auf wen?

    Jonas: Godot.

    PoPo2: Nie gehört. Bo, kennst du einen Typ, der Godot heißt?

    PoPo1: Kenn ich nicht, Chef.

    PoPo2: OK, stell den Fernseher an, Bo.

    Sportreporter: Und jetzt, meine Damen und Herren, geht er vorbei, der Großgewachsene...

    PoPo2: Lauter Bo.

    Sportreporter: ...in der roten Ecke, löst sich aus dieser...

    PoPo2: Halt ihn fest, Bo. So mein Freund, Jonas, Privatdetektiv. Schnüffler.

    Sportreporter: ...durch die Deckung hindurch... ein ungeheurer Haken, auf die Kinnspitze, taumelt zurück, in die blaue Ecke, ist schon fast am Boden, da setzt er noch einmal nach, schon wieder und noch einmal, und das ist das Ende, Pluto liegt nur noch in den Seilen, jetzt rutscht er ab, ein gezielter Tritt in den Unterleib, da liegt Musik drin, liebe Sportsfreunde, und der Gong: der Kampf ist aus.

    Jonas: Ich war Tarzan, und hüpfte im Urwald von Ast zu Ast. Ich brüllte den Kriegsschrei der großen Menschenaffen, und zertrat alle Bullen der Welt unter meinen Spreizfüßen. Ich war der Größte, und Judith sah bewundernd zu mir auf. Wenn mir nur der Kopf nicht so wehgetan hätte.

    Wärter: Er kommt zu sich, Frau Professor.

    Frau Prof. Caligari: Gut so. Gehen Sie vor die Tür.

    Jonas: Es ist eine dumme Frage, ich weiß. Jeder stellt sie, wenn er was auf die Birne gekriegt hat. Und wenn die kleinen grauen Zellen wieder anfangen, sich zu drehen. Aber ich will’s wirklich wissen: Wo bin ich?

    Frau Prof. Caligari: Im Zentralkrankenhaus. In der geschlossenen Abteilung.

    Jonas: In der Klapsmühle.

    Frau Prof. Caligari: Wenn Sie sich so ausdrücken wollen.

    Jonas: Warum bin ich ans Bett gefesselt?

    Frau Prof. Caligari: Zu Ihrem eigenen Besten. Sie sind krank. Sie könnten sich etwas antun.

    Jonas: Aus dem Fenster springen, zum Beispiel.

    Frau Prof. Caligari: Zum Beispiel.

    Jonas: Sie trug einen weißen Kittel und die Aura selbstverständlicher Autorität. Ihre Augen waren klar und kalt wie zwei Eiszapfen am Nordpol. Sie musterten mich, als ob ich eine mäßig interessante Leiche auf dem Seziertisch sei. Und das war ich ja wohl auch. Oder so gut wie.

    Jonas: Wer sind Sie?

    Frau Prof. Caligari: Professor Caligari.

    Jonas: Sind Sie Chefärztin oder so was?

    Frau Prof. Caligari: Man hat mich geholt. Sie sind ein besonderer Fall, Jonas. Mein Fall. Sie leiden unter gefährlichen Halluzinationen.

    Jonas: Was Sie nicht sagen.

    Frau Prof. Caligari: Sie bilden sich ein, daß vor drei Tagen in der Südstadt einer Anzahl von Personen ohne ihr Wissen eine Droge zugespielt wurde, die sie gegen ihren Willen zum Selbstmord veranlaßte.

    Jonas: Verrückte Idee, nicht wahr?

    Frau Prof. Caligari: Wir mußten Sie stoppen, ehe Sie im Verlauf ihrer Nachforschungen weitere, noch gefährlichere Wahnvorstellungen entwickelten.

    Jonas: Zum Beispiel?

    Frau Prof. Caligari: Daß es sich beim Geschehen in der Südstadt um einen groß angelegten Feldversuch gehandelt habe, geplant und durchgeführt von einer streng geheimen Organisation, die wir ZIP nennen könnten: Zentralinstitut für Populationsforschung. Daß ZIP unterstützt und finanziert von der Wirtschaft und von der hohen Politik nur zu dem einen Zweck etabliert worden sei, das große Problem unserer Zeit, die Überbevölkerung, in den Griff zu bekommen. Daß ZIP als eine mögliche Lösung des Problems eine Selbstmorddroge entwickelt und auf einem leicht zugänglichen, nach allen Regeln der Marketing-Analyse präparierten Testmarkt erprobt habe. Die notwendige Vorstufe zu einer weit umfassenderen, womöglich globalen Anwendung des Produkts.

    Jonas: Was haben Sie mit mir vor?

    Frau Prof. Caligari: Allem Anschein nach ist Ihre Krankheit unheilbar. Aber ich bin überzeugt, daß ich eine, wie soll ich sagen, angemessene Therapie gefunden habe. Wir müssen verhindern, daß Sie mit Ihren fixen Ideen Unruhe in die Öffentlichkeit tragen und die hypothetische Arbeit des hypothetischen Instituts stören. Das werden Sie einsehen. Leben Sie wohl, Jonas. Verzeihen Sie, ich wollte nicht zynisch sein.

    Jonas: Ich kam mir vor, als habe man mich zum zweiten Mal zusammengeschlagen. Selbstmorddroge. Feldversuch. Testmarkt. ZIP. Frau Professor Caligari. Das war ein bißchen viel auf einmal. Der Wärter kam und brachte mir ein Tablett mit Essen. Er band mich los, vorsichtig, mit einer Hand. In der anderen hielt er eine entsicherte Pistole.

    Wärter: Keine krummen Touren. Ich steh direkt vor der Tür. Mit meiner Kanone.

    Jonas: Und das Fenster?

    Wärter: Sehr komisch. Guten Appetit.

    Jonas: Sam? Sammy?

    Sam: Hier bin ich, o Herr und Meister.

    Jonas: Wo, Sam, wo bist du?

    Sam: Im Schrank, Chef. Mit ihren übrigen Sachen. Es wäre angebracht, daß Durchlaucht Ihren Diener baldmöglichst befreiten. Zwecks gemeinsamer Delibration.

    Jonas: Moment. Wuah. Noch 'n bißchen groggy. So. Sammy, Sammy, wie kommen wir hier raus?

    Sam: Würden Magnifizenz die Güte haben, aus dem Fenster zu blicken?

    Jonas: Wenn du meinst. Unmöglich, Sam. Wir sind im 20. Stock. Mindestens. Da kann keiner runter klettern.

    Sam: Ich dachte auch weniger an Klettern, o Sahib, eher an Springen.

    Jonas: Bist du verrückt?

    Sam: Das wissen Hoheit doch. In diesem Falle allerdings.

    Jonas: Das Essen.

    Sam: Ohne jeden Zweifel. Wissen wir nicht, spätestens seit dem zugegeben kruden Test an Dr. Prospers Ratte, daß die Selbstmorddroge oral zugeführt wird?

    Jonas: Eine angemessene Therapie, hat sie gesagt.

    Sam: Exzellenz sollten die Erwartungen der Dame nicht enttäuschen.

    Jonas: Meinst du im Ernst, ich soll aus dem Fenster springen, Sam?

    Sam: Gewissermaßen indirekt, erhabener Monarch. Wenn ich meine Vorstellungen erläutern dürfte.

    Jonas: Sam sagte mir genau, was ich tun sollte, und ich tat es. Aaaah!

    Wärter: Na bitte. Oh!

    Sam: Eine ausgezeichnete Performance, euer Lordschaft.

    Jonas: Natürlich war ich nicht aus dem Fenster gesprungen. Ich stand auf dem Außensims, klammerte mich mit den Zehen fest. Und als der Wärter seinen häßlich-en Ballon raussteckte, kriegte er was ins Genick. Mit meinem eisenbeschlagenen Schuh. Er schlug lang hin und blieb liegen. Für längere Zeit außer Gefecht, vielleicht für immer. Von mir aus, ich würde deshalb nicht schlechter schlafen. Ich zog seine weiße Uniform an. In der Tasche fand ich seinen Identi-Disk. Kein Problem, damit durch die gesicherten Türen ins Freie zu kommen. Zuhause goß ich mir als erstes einen großen Whiskey ein, Magen hin, Magen her. Ich traf bestimmte Vorkehrungen, zusammen mit Sam, und ich wartete. Der Anruf kam am Abend, 5 Minuten vor 8.

    Jonas: Ja?

    Frau Prof. Caligari: Ich spreche Ihnen meinen Glückwunsch aus, Jonas. Sie haben sich mit Geschick und Entschlossenheit Ihrer Therapie entzogen. Sie sind ein Mann von erheblichen Fähigkeiten. Könnten Sie sich vorstellen, in einer Organisation wie ZIP, falls es sie gäbe, einen Posten zu übernehmen?

    Jonas: Reden Sie Klartext, Frau Professor. ZIP existiert, und ZIP arbeitet mit Methoden, die mir nicht gefallen.

    Frau Prof. Caligari: Bitte, Jonas, lassen Sie kleinkarierte Moralbegriffe aus dem Spiel. Bleiben Sie nüchtern. Betrachten Sie unsere Organisation mit wissenschaftlicher Objektivität. Sie kennen das Problem. Jeder kennt es. Spätestens seit dem Einsetzen der permanenten Krise vor gut 30 Jahren. Fortschritt in der Biologie führt zu mehr Nahrungsmitteln, Fortschritt in der Medizin führt zur Verlängerung des Lebens, Fortschritt in der Technik führt zur Automatisierung. Die Folgen: immer weniger Arbeit, immer mehr Menschen, immer weniger Raum. Wie gesagt, das Problem ist seit langem bekannt. Aber wir haben erst jetzt gewagt, die Lösung ins Auge zu fassen. Die einzig mögliche Lösung.

    Jonas: Und die wäre?

    Frau Prof. Caligari: Ganz einfach: Die quantitative Verminderung des menschlichen Faktors.

    Jonas: Also Mord. Massenmord. Danke, nichts für Jonas.

    Frau Prof. Caligari: Schade. In diesem Fall sehen wir uns gezwungen, Ihre Behandlung bis zum ursprünglich vorgesehenen Ende fortzusetzen.

    Jonas: Das habe ich erwartet. Ich habe Gegenmaßnahmen eingeleitet.

    Frau Prof. Caligari: Was wollen Sie denn tun? Zur Polizei gehen, zu den Medien, zum Staatspräsidenten? Versuchen Sie’s.

    Jonas: Alle Informationen über ZIP und ihren sogenannten Feldversuch sind gespeichert. Wenn mir was passiert, oder wenn es eine neue Selbstmordepidemie geben sollte, in Babylon oder woanders, dann werden diese Informationen in sämtliche Dateien der Erde eingegeben. In öffentliche und in private. 90 Prozent davon werden Sie abwürgen können, mit Ihren Hilfsmitteln, und durch die hohen Herrschaften, die hinter Ihnen stehen, vielleicht auch 99 Prozent, aber 1 Prozent kommt durch. Und das, hochverehrte Frau Professor Caligari, wird Ihnen das Genick brechen.

    Frau Prof. Caligari: Erpressung, wie ich sehe.

    Jonas: Lassen Sie doch kleinkarierte Moralbegriffe aus dem Spiel.

    Frau Prof. Caligari: Was verlangen Sie?

    Jonas: Am liebsten würde ich sagen: lösen Sie ZIP auf und springen Sie aus dem Fenster.

    Frau Prof. Caligari: So gut ist Ihre Verhandlungsposition nun auch wieder nicht, mein lieber Jonas.

    Jonas: Ich weiß. Bleiben wir auf dem Teppich. Sie stellen alle Versuche mit der Selbstmorddroge ein.

    Frau Prof. Caligari: Schon geschehen. Die Methode hat sich als zu riskant und vor allem als zu spektakulär erwiesen. Wenn uns schon ein kleiner Privatdetektiv auf die Schliche kommt.

    Jonas: Ein mieser Schnüffler, sagen Sie’s ruhig.

    Frau Prof. Caligari: Ist das alles?

    Jonas: Noch eine Kleinigkeit. Der Tod von Adrian Delgado wird offiziell als Unfall deklariert. Ein Privatdetektiv ist seinen Klienten verpflichtet. Vor allem, wenn sie Judith heißen.

    Frau Prof. Caligari: Einverstanden.

    Jonas: Das wär’s. Jetzt müßten Sie sagen: Kommen Sie uns nicht noch mal in die Quere.

    Frau Prof. Caligari: Bis zum nächsten Mal, Jonas.

    Jonas: Ich fühlte mich nicht besonders. Klar, die Sache war soweit abgeschlossen, aber es fehlte was Wichtiges: Die gerechte Strafe für die Schuldigen. Früher soll’s anders gewesen sein. Aber was kann man schon erwarten von unserem verrückten 21. Jahrhundert. Ich fing an, mir leid zu tun, das gefiel mir nicht. Ich rief Judith an.

    Judith: Hallo, Jonas.

    Jonas: Sie sind `ne reiche Frau, Judith. 100.000 Euros. Von Onkel Adrians Lebensversicherung.

    Judith: Sie haben den Fall gelöst?

    Jonas: Sieht so aus. Haben Sie was vor heute Abend?

    Judith: Nein.

    Jonas: Kommen Sie zu mir. Ich erzähle Ihnen dann, wie es abgelaufen ist.

    Judith: Wir könnten uns über Marlowe unterhalten, und über Bogie und Hammett und Casablanca.

    Jonas: Und antike Videos sehen. In einer halben Stunde?

    Judith: In einer halben Stunde, Jonas.

    Jonas: Judith, ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

    Sam: Hrm. Wenn ich euer Herrlichkeit ein anderes Zitat zu bedenken geben dürfte: Der Detektiv ist ein Katalysator, kein Casanova. Raymond Chandler.

    Jonas: Aber Sammy, ich glaube, du bist eifersüchtig.

    Sam: Quatsch.

    Jonas: Klapp das Bett raus. Und spiel, Sam. Spiel As Time goes by.

    Jonas: Ich bin die letzte Instanz. Wenn Sie ein Problem haben, und nicht weiterkommen, mit der Polizei und so, dann wenden Sie sich an mich. Ich kann Ihnen wahrscheinlich auch nicht helfen, aber Sie haben ein besseres Gefühl. Vielleicht springen sogar 100.000 Euros für Sie raus. Und das ist doch was, oder?

    Das war: Testmarkt. Eine Folge aus der Science-Fiction-Krimiserie Der letzte Detektiv von Michael Koser. Den Detektiv Jonas sprach Bodo Primus. Sein Supercomputer Sam war Joachim Wichmann. Es wirkten außerdem mit: Karin Anselm, Renate Grosser, Jenny Thelen, Paul Bürks, Gernot Duda, Dieter Eppler, Wolfried Lier und andere (Franjo Marincic, Gerd Rubenbauer, Wolf Goldan). Ton und Technik: Günter Heß und Christine Koller. Aufnahmeleitung: Reiner Kositz. Regie: Heiner Schmidt. Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks (1984). Redaktion: Dieter Hasselblatt und Erwin Weigel.

    Der letzte Detektiv
    Eine Science-Fiction-Krimiserie von Michael Koser
    Heute: Safari

    Jonas: Der Löwe war kein echter Löwe. Natürlich nicht. Seit Jahren gab es keine Löwen mehr auf der Erde. Und in einer Raumstation schon gar nicht. Aber echt oder nicht, der Löwe war da. Und er sah gefährlich aus. So gefährlich, daß Jonas vorsichtshalber erst mal rannte und sich einen hohen Baum suchte. Kokospalme oder Bandiang, was weiß ich. Auf Bäumen haben Löwen nichts zu suchen. Das wußte ich. Und das wußte auch der Löwe, zu meinem Glück. Ich wartete, bis mein Puls wieder unter Schallgeschwindigkeit war, und dann versuchte ich Sam über Funk zu erreichen.

    Jonas: Sam! Sammy! Wo steckt der verrückte Blechkanister? Sam!

    Sam: Hat mein Herr und Meister gerufen?

    Jonas: Gerufen? Gebrüllt habe ich. Hör zu, du Spottgeburt von Chips und Eisen.

    Sam: Om mani padme hum. Om mani padme hum. Om mani padme hum.

    Jonas: Was?

    Sam: Om mani. O fleischgewordener Buddha. Das heißt.

    Jonas: Ist mir völlig wurscht, was das heißt. Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich auf der Notfrequenz bereithalten, rund um die Uhr.

    Sam: So ist es, o Ozean aller Weisheiten. Doch hat nicht auch ein Computer gewisse, sagen wir es frei heraus, gewisse seelische Bedürfnisse. Ein wenig Meditation.

    Jonas: Meditation?

    Sam: Yoga, o du Kleinod im Lotus. Tantra. Fernöstliche Mystik.

    Jonas: Sam, wenn du nicht auf der Erde wärst, gut 4000 km weit weg, würde ich dir einen Tritt verpassen, daß deine Modulen jodeln.

    Sam: Wie spricht Buddha? Innere Ruhe, Frieden, Abgeklärtheit. Dies alles ist weit wertvoller denn das kostbarste Juwel. Und ferner sagt er...

    Jonas: Schluß damit, Sam. Paß mal auf: Hier sind die Algen am kochen.

    Sam: OK, Chef. Werden wir abgehört?

    Jonas: Nehm ich an.

    Sam: Also Frequenzwechsel. Plan 17.

    Jonas: Alles klar. – Sam? Bist du noch da, Sam?

    Sam: Dieses, o Freude meiner Schaltkreise, ist die große Frage. Denn ist nicht, was hier ist, auch da, und was da ist, hier?

    Jonas: Soll sein, Sammy, aber die Riesenschlage ist leider hier und nicht da.

    Sam: Welche Riesenschlange, o Licht des Karma?

    Jonas: Die hier angeringelt kommt. Python. Boa constrictor. In dieser Preisklasse.

    Sam: Es gibt keine boa constrictor mehr, o Meister magischer Mysterien. Und auch keine Python.

    Jonas: Weiß ich selber, du kannst gern raufkommen und dir das Vieh ankucken. Ich muß los, Sam. Bleib dran.

    Sam: Alle Erscheinungen des Lebens lassen sich vergleichen mit einem Traum, einem Gebilde der Fantasie, einer Phase, einem Schatten...

    Jonas: Amen. Schön wär’s. Aber die Löwen und Schlangen ließen sich beim besten Willen nicht wegmeditieren. Und alle diese interessanten Bestien hatten nur ein Ziel: Sie wollten Jonas. Und wenn sie ihn hatten, dann wollten sie ihn bestimmt nicht bloß streicheln. Da hatte ich mich wieder mal voll reingesetzt. Genauer gesagt, ich war reingesetzt worden. Als das Telefon klingelte, gestern, am 5. Juni 2009, kurz nach Mitternacht, schlief ich noch sorglos den Schlaf des Gerechten. Hätte ich geahnt, was auf mich zukam, wäre ich unters Bett gekrochen. Oder ausgewandert.

    Jonas: Huah-Ah! Crembell goodwell. Ja?

    Jonas: Das Telefon klingelte. Laut und unfreundlich. Ich griff mir den Hörer und meldete mich. Das Telefon klingelte immer noch. Ich machte die Augen auf. Was ich mir mit der Hand ans Ohr hielt, war mein Wecker.

    Jonas: Shit. Jonas. Was ist los?

    Quartz: Jonas? Nur Jonas.

    Jonas: Jonas, nur Jonas. Und Jonas, nur Jonas, hat gerade geschlafen. Es ist jetzt, Sammy.

    Sam: Mit dem letzten Ton ist es genau 0 Uhr, 13 Minuten und 5 Sekunden. Piep.

    Jonas: Sie hören es. Rufen Sie am Morgen wieder an, wer immer Sie sind.

    Quartz: Ich bin Oleander Quartz.

    Jonas: Morgen, Herr Quartz.

    Quartz: Sie kennen mich nicht.

    Jonas: Ich bin viel zu müde, um Sie zu kennen. Morgen.

    Quartz: Ich habe einen Auftrag für Sie.

    Jonas: Und wenn Sie mich mit Gold überziehen und mir den Koh-i-Noor in den Nabel setzen wollen. Morgen.

    Quartz: Die Koh-i-Noor. Das wäre ein wenig zu viel des Guten. Aber eine nicht unerhebliche Summe hatte ich Ihnen in der Tat zugedacht.

    Jonas: Also gut, ich bin sowieso schon fast wach. In ein paar Minuten rufe ich zurück.

    Quartz: Nein, ich rufe Sie wieder an. In genau einer viertel Stunde.

    Jonas: Quartz, Sammy, Oleander Quartz.

    Sam: Was ist ein Name, ehrwürdiger Guru.

    Jonas: Sam ist mein Computer. Er kann viel, fast alles. Sprechen auch, leider. Sam ist ein Versuchsmodell. Der intellektuelle Computer für den Intellektuellen. Ich habe ihn trotzdem gekauft. Seinerzeit 2005. Weil er billig war. McCoy-Computers haben ihn damals verramscht. Der gute Sam war kein Erfolg. Er geht den Leuten auf die Nerven, außerdem ist er nicht normal. Seine Sprachprogramme haben sich verdreht und durcheinander geschoben. Ich komm im Allgemeinen klar mit ihm, aber manchmal tut’s mir doch leid, daß ich ihn am Hals habe, bzw. in meinem Büro oder als drahtlose Extension in der Hosentasche. Vor allem, wenn er auf irgendeinem esoterischen Trip ist. Wie jetzt.

    Sam: O Bhagwan, was ist ein Name.

    Jonas: Ich sage nur Schrottmühle, Sammy. Laß den Quatsch und sag mir, wer Oleander Quartz ist.

    Sam: Hören ist gehorchen, großmächtiger Sultan. Piep. Oleander Quartz, geboren 24. 4. 1900.

    Jonas: 109 Jahre alt, Respekt.

    Sam: Oleander Quartz ist Begründer und erster Direktor von Orbis International, Raumstationen und Satelliten en gros.

    Jonas: Der Kringelkönig. War mich doch gleich so, als ob ich den Namen kenne.

    Sam: Oleander Quartz ist mehrfacher Milliardär, er lebt äußerst zurückgezogen an unbekanntem Wohnsitz. Sein Vorbild ist der historische Industrielle Howard Hughes, Mitte des vorigen Jahrhunderts.

    Jonas: Kenn ich, Sam.

    Sam: Falls Exzellenz weitere Daten wünschen. Oleander Quartz ist zumindest nominell Mitglied im Club der Milliardäre und im interkontinentalen Jagdclub Halali, ferner.

    Jonas: Nicht nötig, Sammy. – Jonas.

    Quartz: Oleander Quartz. Ich spreche ungern mit unsichtbaren Partnern. Gehen Sie auf Bildfon.

    Jonas: Ich drückte den Knopf, der den Bildfonkanal freigibt. Was Quartz jetzt sah, wußte ich. Einen unausgeschlafenen Mann in den 40ern. Kräftig und altmodisch. Ich mach mir nämlich nichts aus Körpermalerei. Um den Mann herum ein Büroapartment, Kategorie mittel-unten, 22 Quadratmeter. Nicht aufgeräumt natürlich. Auf meinem Bildschirm war nur ein Gesicht. Uralt, mehrfach geliftet und trotzdem faltig, die dünnen weißen Haare waren echt, auch wenn sie ihrem Besitzer auf höchst merkwürdige Weise zu Berge standen. Die grauen Augen wirkten weder echt noch alt. Offensichtlich Neuerwerbungen, gerade erst transplantiert.

    Quartz: Sehen Sie mich?

    Jonas: Ich sehe Sie, Herr Quartz, Sie sehen mich. Was soll ich für Sie tun?

    Quartz: Nicht so schnell, junger Mann. Zuerst ein paar Fragen. Sie haben als Söldneroffizier am antarktischen Krieg teilgenommen?

    Jonas: Auf der Verliererseite.

    Quartz: Das interessiert mich nicht. Sie sind also militärisch ausgebildet?

    Jonas: Ja, aber.

    Quartz: Wo?

    Jonas: Wollen wir nicht zur Sache kommen?

    Quartz: Ich bin bei der Sache. Wo sind Sie ausgebildet worden?

    Jonas: Wenn’s denn sein muß. Grundkurs hier in Babylon, und dann zwei Lehrgänge an der Universität von Managua, Kommandotechnik und Taktik der Guerilla. Sonst noch was?

    Quartz: Demnach kann man Sie als Experten in allen martialischen Künsten bezeichnen.

    Jonas: Wenn Sie es so ausdrücken wollen.

    Quartz: Und Sie sind Detektiv. Der letzte Detektiv. So nennen Sie sich. Warum?

    Jonas: Warum was?

    Quartz: Warum der letzte?

    Jonas: Weil`s stimmt. Natürlich gibt’s noch ein paar Leute, die sich Detektiv schimpfen, aber die sind bloß Wächter, Leibwächter, Nachtwächter, Heinzelmännchens Wachtparade. Nichts für Jonas. Ich bin der letzte wirkliche Detektiv. Wenigstens in den Vereinigten Staaten von Europa. Ganz bestimmt in Babylon.

    Quartz: Was für ein Stilbruch. Jonas, vielleicht wissen Sie es, Jonas gehört nicht nach Babylon. Jonas gehört nach Ninive.

    Jonas: Ha-ha. Hören Sie zu, Herr Quartz, nichts gegen einen kleinen Plausch um Mitternacht, aber vielleicht sagen Sie mir jetzt doch, was Sie von mir wollen.

    Quartz: Meine Sekretärin, meine Privatsekretärin, Linda Lorant.

    Jonas: Ich höre.

    Quartz: Sie ist seit zwei Tagen verschwunden.

    Jonas: Ach was.

    Quartz: Sie hat sich nicht bei mir gemeldet, und in ihrem Apartment ist sie auch nicht.

    Jonas: Die klassische Frage, Herr Quartz, warum gehen Sie nicht zur Polizei?

    Quartz: Die klassische Antwort: Es handelt sich um einen besonderen Fall.

    Jonas: Was Sie nicht sagen.

    Quartz: Mit Linda sind Daten verschwunden. Daten, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Vertrauliches Material für meine Memoiren.

    Jonas: Erpressung?

    Quartz: Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Auf jeden Fall will ich die Daten zurück haben. Sie, Jonas, werden sie suchen und finden, natürlich.

    Jonas: Im Prinzip ja, Herr Quartz. Aber vorläufig sind Sie für mich nur ein Gesicht auf dem Bildfon.

    Quartz: Rufen Sie Ihr Konto ab. Nummer 27 27 41 B, Bank von Babylon.

    Jonas: Sie sind gut informiert, Herr Quartz. Sam?

    Sam: Der Kontostand euer Hoheit beträgt zur Zeit genau 1240 Euros und 13 Cents.

    Quartz: Vor einer halben Stunde hatten Sie nur 240 Euros, 13 Cents. Die 1000 sind von mir. Vorschuß.

    Jonas: Ich kriege 80 Euros pro Tag, und Spesen.

    Quartz: Ich zahle das Doppelte. Dafür erwarte ich, daß Sie unauffällig vorgehen. Und Ihr Bestes geben, versteht sich. Die Informationen, die sich brauchen, Bild, Bürgernummer, Wohnung etc, lasse ich Ihrem Computer einspielen. Ihren ersten Bericht erstatten Sie heute Abend.

    Jonas: Wie kann ich Sie erreichen?

    Quartz: Ich rufe Sie an.

    Jonas: 1000 Euros. Nicht schlecht. Ein warmer Regen auf den heißen Stein. Aber wieso man zum Sekretärinnen-Suchen martialische Künste brauchte, war mir nicht so recht klar. Egal. Am nächsten Morgen rief ich Judith an. Judith ist meine z.B., meine zeitweilige Beziehung. Vielleicht wird mal eine D.P. daraus, eine Dauerpartnerschaft. Sie sehen, Jonas ist zurückgeblieben. Der älteste Hut: Eine Frau und ein Mann. Kein Dreieck, keine Gruppe oder so was. Judith ist nicht nur meine z.B., sie hat auch eine höhere Position im Ministerium für Statistik und Soziographie. Insofern kann ich ganz zwanglos das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden.

    Jonas: Ich seh dir in die Augen, Kleines.

    Judith: Diese verrückte Welt. Was wird noch alles passieren. Sehen wir uns heute Abend?

    Jonas: Ich plane nie soweit voraus.

    Jonas: Wir sind beide Nostalgiker. Unsere Zeit ist die Mitte des 20. Jahrhunderts. Eine wilde, eine aufregende Zeit. Die Zeit von Philip Marlowe und Humphrey Bogart, und von Ingrid Bergman, nicht zu vergessen. Bißchen Casablanca-Turtel muß sein. Aber dann kam ich zur Sache, und sagte Judith, was ich von ihr wollte. Ein Persönlichkeitsprofil von Linda Lorant.

    Judith: Wer ist das?

    Jonas: Ein Fall. Ich brauch die Daten für einen Fall.

    Judith: Natürlich. Nur für einen Fall?

    Jonas: Ach, das, das würde ich nicht sagen.

    Judith: Jonas.

    Jonas: Doppeltes Honorar, 1000 Euros Vorschuß, da freut sich auch Privatmensch Jonas. Judith, ich glaube, du bist eifersüchtig.

    Judith: Unsinn.

    Sam: Eifersucht. Antiquierter Begriff für einen antiquierten Gemütszustand. Ungebräuchlich seit der Jahrtausendwende.

    Judith: Du hältst dich raus, Sam.

    Sam: Obzwar ein Computer per definitionem lediglich gehalten und verpflichtet ist, den Anordnungen seines rechtmäßigen Herrn und Meisters zu folgen, siehe Gebrauchsanleitung, Seite 6 folgende, will Sam als Kavalier sich der Bitte der hohen Frau nicht verschließen und...

    Jonas: Sammy, halt die Klappe.

    Sam: Befehl, Klappe halten.

    Judith: Falls du jetzt ein bißchen Zeit für mich hast, Jonas, hier sind die Daten: Linda Lorant, Bürgernummer...

    Jonas: Ist bekannt. Wohnung auch.

    Judith: 40 Jahre alt, Sekretärin, völlig alleinstehend, keine Beziehung, keine Partnerschaft. Magister Artium Kommunikationstechnik, ehemals europäische Hochschulmeisterin im Siebenkampf, schwarzer Gürtel Karate, keinerlei Interesse an Holovision und sonstigen kulturellen Aktivitäten. Hobby: Einzelwandern in Island, Zentralaustralien, Wüste Gobi. Reicht das?

    Jonas: Danke Judith. Sehen wir uns?

    Judith: Wenn dein Fall dir Zeit läßt, und dein geliebter Blech-Professor nichts dagegen hat. Ruf mich an.

    Sam: Wie ich anzumerken bereits Gelegenheit hatte, ist Eifersucht.

    Jonas: Eine Sache, die dich nicht das Geringste angehrt. Kümmere dich um unseren Fall. Reden ist Silber, denken ist Gold. Na, was ist, Sammy?

    Sam: Ich denke, o unauslotbare Erhabenheit, wie es mein Herr mir befahl.

    Jonas: Sehr schön, Sam. Und was denkst du?

    Sam: Ich denke, o du mein ein und alles, eine tüchtige Person, diese Linda Lorant. Sportlich.

    Jonas: Was du nicht sagst. Da wäre ich ohne dich nie draufgekommen.

    Sam: Man könnte auch sagen: martialisch.

    Jonas: Aha. Und? Was schließt du daraus?

    Sam: Aufgrund unzureichender Daten sieht Sam sich zu Folgerungen vorerst nicht in der Lage.

    Jonas: Also Schluß mit der Spekulation. Beinarbeit ist angezeigt. Sehen wir uns das Apartment der Dame mal von innen an.

    Sam: Ein Vorschlag, o Retter der Witwen und Waisen, welcher Sams volle Zustimmung findet.

    Jonas: Quartz zahlte. Deshalb konnte ich es mir leisten, fremde Beine für mich arbeiten zu lassen. Ein Rikscha-Kuli strampelte sich ab, und nach einer guten halben Stunde war ich da, im Westen. Nicht weit vom Markgrafenboulevard. Hier roch es nach Geld. Nicht nach abgegriffenen 10-Euroscheinen, sondern nach den allerbesten Aktien. Und nach Schecks mit vielen Nullen. Linda Lorant wohnte im Turm zu Babel. 40 Stockwerke, 4000 Apartments. Und der Turm war gut bewacht. Ein grimmiger Drache gleich neben der Tür in der Eingangshalle, ein zweiter weiter hinten, vor einer Konsole von Monitoren. Auf den ersten Blick war da nur mit Gewalt was zu machen. An sich kein Problem für Jonas, wenn sich Quartz nicht jedes Aufsehen verbeten hätte. Und der Auftraggeber hat grundsätzlich immer recht. Also erst mal in eine nahe Bar, um mit Sam Rat zu pflegen. Mit Sam zwo natürlich, der drahtlosen Extension in Taschenausführung.

    Automatenstimme: Ihr Synth-Brandy, mein Herr oder meine Dame. Der Rechnungsbetrag wird von Ihrem Konto abgebucht. Vielen Dank.

    Jonas: Wuäh.

    Sam: Voll im Aroma, herrlich im Geschmack, Synth-Brandy, edler als Cognac.

    Jonas: Du glaubst auch alles, Sammy, zur Sache, wie kommen wir in Linda Lorants Apartment?

    Sam: Das, hochzuverehrender älterer Bruder, ist eine schwierige Frage.

    Jonas: Denk dir was aus. Wer von uns beiden ist denn der Computer?

    Sam: Könnten Hoheit nicht eines Apartments bedürftig sein?

    Jonas: Wieso? Ach so. Gar nicht schlecht, Sammy, gar nicht schlecht. Wem gehört der Turm zu Babel?

    Sam: Der TuBa. Turmbau-zu-Babel GmbH.

    Jonas: Sieh dir die Angebotstafel durch. Wir brauchen ein leer stehendes Apartment im, äh, wo wohnt die Dame Lorant?

    Sam: Ich achten Stockwerk, o Sonne meiner Seele. Apartment 813.

    Jonas: Also möglichst im 8. Stock. Oder in der Nähe.

    Sam: 713 ist zu haben, Chef.

    Jonas: Direkt darunter. Besser geht’s doch nicht. Telefon!

    Automatenstimme: Bitte sehr, mein Herr oder meine Dame. Wünschen Sie auch Bildfon?

    Jonas: Nicht nötig.

    Automatenstimme: Schieben Sie die rechte Hälfte ihrer Kontokarte in den Schlitz vorn am Gerät. Der Betrag wird abgebucht. Danke sehr.

    Jonas: Über Telefon verkündete ich dem Oberwächter im Turm, ich sei die TuBa und würde in Kürze einen Interessenten für Apartment 713 rüberschicken. Einen gewissen Herrn Jonas.

    Jonas: So, damit sind wir erst mal drin.

    Sam: Und dann, wenn Hoheit die Frage gestatten?

    Jonas: Wird sich ergeben, Sammy. Ein schlauer Mensch hat mal gesagt, man soll den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun.

    Sam: Es steht aber auch geschrieben, Sahib, der kluge Mann baut vor.

    Jonas: Frisch gewagt ist halb gewonnen.

    Sam: Erst wägen, dann wagen.

    Jonas: Er muß eben immer das letzte Wort haben, der gute Sam. Im Turm lief alles wie am Schnürchen. Der mietlustige Herr Jonas wurde von einem der Drachen in den 7. Stock gefahren, und sah sich das freie Apartment an.

    Jonas: Ja, recht hübsch.

    1. Wächter: 40 Quadratmeter. Berechtigungsschein für diese Wohnraumklasse haben Sie doch, oder?

    Jonas: Mein bester, was für `ne Frage. Selbstverständlich besitze ich den Wohnberechtigungsschein. Tja, recht hübsch, wie gesagt. Äh, lassen Sie mich ein paar Minuten allein, ja? Ich, ich muß die Atmosphäre auf mich wirken lassen. Aura. Vibration. Wenn Sie verstehen, was ich meine.

    1. Wächter: Das ist eigentlich nicht gestattet.

    Jonas: Und uneigentlich? 10 Euros?

    1. Wächter: Alles klar. Und melden Sie sich über Hausfon, wenn Sie fertig sind, ja?

    Jonas: Ich gab ihm drei Minuten, und machte mich dann auf in den Keller. Über die Treppe. Todsicher. Im Turm zu Babel sind Treppen nur Kunst am Bau. Im Keller stand, wie ich erwartet hatte, das Herzstück der elektronischen Überwachungsanlage. Ein massiver Steuercomputer.

    Sam: Hä hä hä hä. Uraltes Modell. Mit so was spricht unser einer überhaupt nicht.

    Jonas: Wird dir gar nichts anderes übrig bleiben, Sammy. Wie willst du den alten Kasten außer Gefecht setzen, ohne Interface. Und außer Gefecht setzen müssen wir ihn.

    Sam: Ohne jeden Zweifel, Herr Kapellmeister. Ein schwieriges Unterfangen. Was die Sicherung der Fenster betrifft, muß ich mich als gänzlich machtlos bekennen.

    Jonas: Machtlos? Wie das, o du mein elektronischer Alleskönner?

    Sam: Es handelt sich, o du vor allen Computern preiswürdiger Menschenverstand, um ein elektrisch-mechanisches System. Eine echte Antiquität aus dem mittleren 20. Jahrhundert.

    Jonas: Und da kannst du gar nichts machen, Sam?

    Sam: Kein Stück, Boss. Andererseits die TV-Kameras an den Eingangstüren der bewohnten Apartments ließen sich mit Leichtigkeit ausschalten.

    Jonas: Ah, du willst der Kamera vor Apartment 813 ein Standbild einspielen, nehme ich an.

    Sam: Ausgezeichnet, hochwertiger Chef, aber nicht ganz korrekt. Ich beabsichtige, das nunmehr gezeigte Bild, auf welchem die geschlossene Tür, und nur die geschlossene Tür zu sehen ist, für eine gewisse Zeit festzuhalten. Eine halbe Stunde. Wäre dies dem Herrn genehm?

    Jonas: Die Treppen rauf, im Geschwindschritt, ganz schön anstrengend die Detektiverei, Türschloß knacken, Kleinigkeit, umsehen. 813 war ein ganz normales 40-Quadratmeter-Apartment. Ordentlich, aufgeräumt. Ein Zimmer, Bad, Kochkonsole, Echtholzmöbel, Servicetextgerät, Bildfon, Holoset.

    Jonas: Moment mal, Holoset. Da war doch was.

    Sam: Laut Persönlichkeitsprofil, beigesteuert von meines großen Meisters menschlicher Gefährtin, pflegt die Bewohnerin dieses Apartments sich den Wonnen der Holovision nicht hinzugeben.

    Jonas: Wenn ich den Set anstelle, passiert gar nichts. Und das heißt.

    Sam: Der Apparat ist eine Attrappe, o scharfsinnigster aller Detektive.

    Jonas: Du merkst auch alles, Sam. Machen wir das Ding mal auf. Was hat ein kluger Detektiv stets bei sich? Nachschlüssel. Paßt nicht. Brecheisen.

    Sam: Und seinen Computer. Dürfte dieser, eurer illustren Durchlaucht empfehlen, auf den kleinen roten Hebel rechts unten zu drücken. Auf diesen da, ganz recht.

    Jonas: Sieh mal an, ein Tresor. Wertpapiere. Schmuck.

    Sam: Interessant, o allerwertester, jedoch kaum das, was wir suchen.

    Jonas: Und was suchen wir, Sam?

    Sam: Eminenz belieben zu scherzen. Das Herrn Quartz entwendete Material natürlich. Das heißt konkret: Disketten. Kassetten.

    Jonas: Sam, hier ist `ne Kassette. Kommando zurück, ist ne leere Hülle.

    Sam: Welche aller Wahrscheinlichkeit nach das fragliche Datenmaterial enthalten hat. Linda Lorant hat es mitgenommen, als sie das Apartment verließ.

    Jonas: Letzteres offenbar freiwillig. Kein Anzeichen von Gewaltanwendung. Frage: Wohin ist Linda Lorant gegangen?

    Sam: Wie ihr Persönlichkeitsprofil zeigt, besitzt sie kein Fahrzeug.

    Jonas: Natürlich nicht. Sie ist zwar in der 40-Quadratmeterklasse, aber keine Millionärin.

    Sam: Sofern sie nicht zu Fuß ging, muß sie also ein Transportmittel benutzt haben.

    Jonas: Eine Rikscha, nehm ich an. Und wie bestellt man eine Rikscha?

    Sam: Über Servicetext, o Beherrscher der Gläubigen.

    Jonas: Worauf wartest du, Sammy?

    Sam: Einschaltung in Speicher von hier befindlichem Servicetextgerät ergibt: Besitzerin hat 3. Juni 2009.

    Jonas: Vor zwei Tagen.

    Sam: 7 Uhr 30 Rikscha bestellt, Fahrziel: Orbidrom. Abbuchung 11 Euros.

    Jonas: Aha. Weißt du, was wir jetzt machen, Sammy?

    Sam: Klar, Boß.

    Jonas: Was ist das?

    Sam: Es klingelt an der Tür, o Gesetzgeber des Weltalls.

    Jonas: Weiß ich selbst, ich meine, wer?

    Sam: Ein guter Rat, Meister, zur Tür schleichen, horchen.

    1. Wächter: Niemand da, gnädige Frau.

    Nachbarin: Reden Sie keinen Blech. Ich hab deutlich Geräusche gehört. Und Schritte.

    1. Wächter: Wenn Sie das sagen, gnädige Frau. Aufmachen!

    Jonas: Das hatte mir gerade noch gefehlt. Ein Wächter, und eine hellhörige Nachbarin. Andererseits, unter höheren, dramaturgischen Gesichtspunkten, war es ja auch mal wieder Zeit für ein bißchen Aktion.

    Jonas: Sammy, wir müssen was tun.

    Sam: Meine Rede, Chef.

    Jonas: Die holen hier nicht die Polizei, Sammy, die nicht. Die nehmen mich selber in die Mangel. Und bei so was kann der Mensch leicht aus dem Fenster fallen, und das im 8. Stock.

    Nachbarin: Schließen Sie auf, Mann, Sie haben doch einen Hauptschlüssel.

    1. Wächter: Ja schon, aber ich weiß nicht.

    Sam: Wo befinden wir uns, o Leuchter der Wissenschaft?

    Jonas: Du stellst Fragen, Turm zu Babel, Apartment 813 natürlich.

    Sam: Falsch. Wir befinden uns im Apartment 713. Offiziell. Ein kurzer Rutsch.

    Jonas: Rutsch?

    Sam: Durch den Müllschlucker. Und Hochwürden halten sich dort auf, wo sie sich befinden. Gebe allerdings untertänigst zu bedenken, daß eine gewisse Beschleunigung, mach hin, Mensch, da, neben der Kochkonsole, Klappe auf.

    Jonas: Ein Glück, daß ich nicht Derowolt bin.

    Sam: Schi heil.

    Jonas: Leicht verschmutzt und ungewöhnlich duftend krabbelte ich ein Stock tiefer aus der Röhre. Keine Sekunde zu früh. Der Drache, der das Apartment oben leer vorgefunden hatte, tauchte plötzlich in 713 auf, und wich mir bis ins Foyer nicht mehr von der Seite. O Mißtrauen, wie sehr vergiftest du Frohsinn und Geselligkeit. Goethe. Oder vielleicht doch nur der Parkwächter unter der Hauptwache?

    Jonas: Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald ich mich entschieden habe.

    1. Wächter: Tun Sie das.

    2. Wächter: Was war denn los in 813?

    1. Wächter: Ach nix. Die Alte spinnt.

    2. Wächter: So was kommt vor. Sag mal, du warst doch drin?

    1. Wächter: In 813? Klar.

    2. Wächter: Wirklich?

    1. Wächter: Ja doch.

    2. Wächter: Komisch. Du warst nicht auf dem Monitor.

    1.

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